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LESERINNENBRIEFE

■ betr.: „Tödliche Umarmung“ von Micha Brumlik, taz vom 30. 9. 09

Abgeschrieben

Nicht vergessen werden darf, dass das Konzept von Hartz IV von einem Automanager stammte, der als Zielgruppe den ungelernten Arbeiter im Kopf hatte. Tatsächlich aber sind viele ALG-II-Empfänger sehr qualifiziert, das Märchen vom bildungsfernen Arbeitslosen hat noch nie gestimmt. Und auch unter Clement und Schröder wurde es nicht stimmiger. Die Krux an Hartz IV war, dass man den ganzen Teil der gut qualifizierten Arbeitslosen einfach abgeschrieben hat. Und diese rächten sich jetzt durch Wahlenthaltung oder Abwanderung zur Linkspartei.

Bislang hat die SPD kein Rezept für den Arbeitsmarkt, das wirklich integrierend statt disziplinierend wirkt. Daher ist zum Beispiel im eher liberal-konservativen Spektrum mit der Idee vom bedingungslosen Grundeinkommen eine konkurrierende Idee zur schleichenden Aushöhlung des Sozialstaatsprinzips entstanden, die nicht ohne Weiteres ignoriert zu werden erlaubt. Auch die Grünen seien erinnert, dass derartige Ideen zu dem Fundus gehörten, aus dem sich die ökologische Bewegung vor ihrem Abdriften in den neoliberalen Mainstream, gesellschaftlich konstituiert hat.

MICHAEL HEINEN-ANDERS, Köln

■ betr.: „Weiterführende Schule als Integrationswüste“, taz vom 30. 9. 09

Soziale Isolation

Warum so wenige Kinder (nicht nur wegen mangelnder Plätze!) in den weiterführenden Schulen integrativ beschult werden und eine Vielzahl der Eltern den Besuch der Förderschule nicht nur wegen der besseren Ausstattung vorziehen? Folgende Antwort kann ich als Mutter eines lernbehinderten Kindes geben: Die oft so beklagte „Abschiebung“ lernbehinderter Kinder in Förderschulen bedeutet für die Kinder (und auch deren Eltern) oft die erste positive Bildungserfahrung mit unserem (Berliner) Bildungssystem. Sie erleben sich dort sozial als gleichwertig in einer für sie überschaubaren Gruppe, werden auch in der 7. Klasse noch eingeladen und sind nicht immer „anders“. Da sie sich im Unterschied zu geistig behinderten Kindern mit anderen vergleichen, haben sie Erfolgserlebnisse und sind nicht immer sozial, wie auch leistungsmäßig die „schwächsten“. Da mit zunehmendem Alter der Leistungs- und Sozialkompetenzabstand aufgrund der Spezifik der Behinderung größer und sichtbarer wird, ist die Gefahr einer sozialen Isolation gerade im integrativen Umfeld dieser Behindertengruppe deutlich erhöht. Also Inklusion um jeden Preis? Die nun langfristig angedachte „Integration“ in Berlin von lernbehinderten Kindern in Sekundarschulklassen mit 25 oder 28 Kindern, darunter auch potenziellen Gymnasiasten, erscheint auf dem Erfahrungshintergrund vieler Eltern schlichtweg als absurd.

CONSTANZE MEYER, Berlin

■ betr.: „Der Halb-Starke“,taz vom 30. 9. 09

Starke Schlagzeile

Jetzt weiß man wieder, warum man als Leser die alternative tageszeitung (taz) seit Jahrzehnten kritisch begleitet. Eine starke Schlagzeile auf dem taz-Titel und ein dummdreist blickender Wahlverlierer, da sehen auch Nicht-taz-LeserInnen gern mal auf die ansonsten für sie unbekannte Titelseite und schmunzeln. Der Wahlsonntag am 27. 9. 09 hat wieder einmal gezeigt, dass die WählerInnen „ihren PolitikerInnen“ auch mal wieder erfolgreich einen kräftigen Denkzettel verpassen können. Macht weiter so in diesen „dunklen Zeiten“ von Schwarz-Gelb!

KLAUS JÜRGEN LEWIN, Bremen

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