meinungsstark
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Söder – scheinheiliger Gurkenkönig

„Gurkenernte wird größter Corona-Hotspot“,

taz vom 28. 7. 20

Was für eine Scheinheiligkeit des bayerischen Minister-

präsidenten Markus Söder, wenn er jetzt die Erntehelfer in ihren Massenunterkünften „Tag und Nacht“ auf Corona testen lassen will. Im „Knoblauchland“, in der Mitte des Verdichtungsraums Nürnberg, Fürth, Erlangen, also im Norden von Söders Heimatstadt Nürnberg, ist es auch aus Kostenersparnis seit Jahrzehnten gang und gäbe, die Erntehelfer, wie eben überall in Bayern und der ganzen Republik, auf engstem Raum in Containern, in „Wohnbehausungen“, so die Nürnberger Nachrichten kürzlich über eine notdürftig präparierte Lagerhalle, unterzubringen. Söder weiß das. Mit seinem guten Draht zum CSU-nahen örtlichen Bauernverband gleich dreimal. Diese Zustände sind auch ohne Corona nicht tragbar. Aalglatt, wie er ist, stellt er sich jetzt in Coronazeiten mit seinem scheinheiligen Politikaktivismus als handlungsfähiger Regierungschef dar. Widerlich – und typisch CSU.

Kasten Neumann, Nürnberg

Eine Eizelle ist keine Ackerfurche

„Samen zu verschenken“, taz vom 25. 7. 20

Was für eine Freude zum Wochenende, liebe tazzen, so dachte ich, als ich die Überschrift „Samen zu verschenken“ las! Wenn es Blumensamen sind, dann pflanze ich sie in die Kästen auf meinem vorderen Balkon, Gemüsesamen kommen in die Blumenkästen auf dem Küchenbalkon... Doch ich lag voll daneben. Bei dem „Samenspender“ handelte es sich um einen Mann, aber keinen, der für mehr Blumen und Gemüse sorgen möchte. Ihm ging es vielmehr darum, eine Frau zu finden. Es war aber wohl kein Bauer, der eine Frau sucht. Er preist sich lediglich als „sportlich + gesund“ an. Der Frau will er bei der Erfüllung ihres Kinderwunschs helfen. Aber nicht einer Frau, ihm schweben gleich zahlreiche Frauen vor, die er derart beglücken möchte. Daher auch die Überschrift vom „Super-Spreader“. Solche Superlative entsprechen wohl dem Selbstverständnis des Mannes. Von „Samen“ kann dabei jedoch keine Rede sein – nur in alten Zeiten, als die biologischen Gegebenheiten noch nicht genau bekannt waren und Männer in einer gewissen Selbstherrlichkeit ihr Sperma als Samen ansahen, der in den weiblichen Körper gegeben wird, vergleichbar der Ackerfurche, jener zumeist ebenmäßigen Linienvertiefung auf einer landwirtschaftlichen Nutzfläche. Inzwischen weiß man und frau, dass Fortpflanzung bei Menschen so nicht funktioniert. Vielmehr sind beide Geschlechter beteiligt: der Mann mit seinem Sperma und die Frau mit ihrer Eizelle. Das eine funktioniert nun mal nicht ohne das andere. Meint ihr nicht, es würde der taz gut zu Gesicht stehen, diesem Sachverhalt auch sprachlich Rechnung zu tragen? Ursula Müller, Kiel

Die Eventbranche stirbt gerade

„Coronaproteste der Eventbranche: Ist da alles tutti?“,

taz vom 24. 7. 20

Sehr geehrte Damen und Herren, mit Schrecken haben wir Ihren Artikel über die Coronaproteste der Eventbranche gelesen. Wir sind wenig Anerkennung und Wertschätzung gewöhnt, aber dieser Artikel erreicht ein neues Level der Degradierung eines der größten Wirtschaftszweige Deutschlands (sowohl was die Arbeitnehmeranzahl als auch den Anteil am BIP angeht). Wir hätten uns gewünscht, eine reflektierte Auseinandersetzung mit den Protesten sowie einen ernst zu nehmenden Dialog mit unserer Branche zu lesen. Stattdessen lesen wir hier infame Unterstellungen – zum Beispiel, dass nahezu alle Techniker nach Tarif bezahlt werden – und ein plumpes „die Branche soll sich nicht so anstellen“. Hier stehen Existenzen auf dem Spiel, was zu einem nachhaltigen Kultursterben führen wird. Klar werden öffentliche Theater weiterbetrieben, doch das Programm „abseits“, insbesondere der Privattheater, Kultur- und Kunstvereine, sowie der Stadtfeste, die Arbeit der Zulieferer, Veranstaltungstechnikbetriebe und Gastronomen wird abebben und für immer verstummen. Und genau wegen dieser ernsten Lage ist Ihr Artikel nicht nachvollziehbar und sehr enttäuschend. Maximilian Mund, Celle