Stau im Sauen-Kinderzimmer

Nachdem Schlachthöfe wegen Corona-Ausbrüchen gerade dicht sind, wird es nun in Schweineställen eng

Auch Schweinehalter in Schleswig-Holstein bekommen offenkundig den Ausfall des Tönnies-Schlachthofs in Rheda-Wiedenbrück zu spüren. „Bei uns gibt es diesen Rückstau auch“, sagte Bauernverbands-Vizepräsident Dietrich Pritschau am Donnerstag. „In den Kinderzimmern der Sauenställe wird es eng.“ Weil Tönnies Großschlachthof nach dem Corona-Ausbruch dicht ist und andere Betriebe Kapazitäten herunterfahren mussten, werden weniger Schweine geschlachtet und verarbeitet. So bleiben Tiere länger im Stall.

Einige Tage lang könnten die Schweinehalter die Situation abpuffern, sagte Pritschau, der auch Schweine hält. „Aber jetzt muss die Verarbeitung unbedingt wieder anlaufen – wir sehen die Not in den Sauenställen.“ Finanzielle Verluste gebe es auch: Der Preis je Kilo Schlachtgewicht sei binnen einer Woche von 1,66 auf 1,47 Euro gesunken.

Pritschau zufolge werden derzeit in Deutschland in der Woche unter 800.000 Schweine geschlachtet, bei einer Kapazität von einer Million. Laut Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands ist die Lage für die Schweinehalter zwar enger geworden, Notschlachtungen gebe es aber noch nicht. In Einzelfällen werde der Platz für die Tiere in den Ställen kleiner, die gesetzlichen Vorgaben würden aber noch eingehalten, hieß es.

Das Landwirtschaftsministerium in Kiel bewerte einen „Schweine-Stau“ aus tierschutzrechtlicher Sicht als problematisch, wie eine Sprecherin sagte. Auswirkungen der Schließung bei Tönnies in Schleswig-Holstein seien dem Ressort bisher aber nicht bekannt.

„Die Situation am Lebendviehmarkt spitzt sich zunehmend zu“, heißt es hingegen auf der Homepage der Schweinevermarktungsgesellschaft Schleswig-Holstein. Sie hat nach eigenen Angaben im vorigen Jahr 2,1 Millionen Schweine vermarktet. „Die zur Zeit schlachtenden Unternehmen sind zur Reduzierung ihrer Kapazitäten gezwungen, so dass sich die Überhänge weiterhin aufbauen.“ Ein massiver Angebotsüberhang sei die Folge. Laut Statistikamt Nord gab es im November vergangenen Jahres in Schleswig-Holstein rund 800 Betriebe mit Schweinehaltung. Etwa 300 hätten 84.000 Zuchtsauen gehalten.

Aus Sicht von Landesbauernverbands-Vize Pritschau wäre es aktuell das Wichtigste, dass der Schlachthof in Rheda-Wiedenbrück wieder anlaufen kann – nachdem die Voraussetzungen dafür geschaffen wurden. (dpa)