Ausgetrickster Stratege

Ramelow hat alles riskiert. Und alles verloren. Aber er wird seine Zeit in der Opposition nutzen. Solche wie ihn hat die Linke nicht viele

Bodo Ramelow hat wohl aufrichtig auf einen politischen Wechsel in Thüringen gehofft. Aber wirklich geglaubt hat er daran vielleicht doch nicht. Dafür ist der 53-jährige Spitzenkandidat der Linken ein zu guter Stratege. Seit klar ist, dass SPD-Spitzenmann Christoph Matschie den Steigbügelhalter für Schwarz-Rot macht, schäumt sein abgemeierter Koalitionär.

Die Linke, sagt Ramelow, sei Teil von Matschies „ganz billiger Schmierenkomödie“ gewesen. Allein dass alle vier SPD-Teilnehmer an den Sondierungsgesprächen von der CDU Ministerposten angeboten bekommen hätten, zeige doch, dass die Öffentlichkeit von Anfang an „beschummelt“ worden sei.

Ramelow selbst hat nicht taktiert. Er hat alles riskiert, um in Thüringen das „System Althaus“ wegzukriegen. Hat seine Berliner Wohnung gekündigt und ist mit Frau Germana Alberti vom Hofe und Hund Attila nach Erfurt gezogen. Er hat nicht wieder für den Bundestag kandidiert und damit auch sein Amt als Fraktionsvize dort drangegeben. Und er hat, trotz üppiger 27,4 Prozent Wählerstimmen für die Linke, seinen Anspruch auf den Ministerpräsidentenposten zurückgezogen. Nun liegen fünf Jahre Oppositionsführerschaft im Erfurter Landtag vor ihm.

Er wird diese Zeit nutzen. Wird der designierten Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) und Matschie Dampf machen. Und weiter machtstrategisch arbeiten. Denn Typen wie ihn, einen ossifizierten Westler, gläubigen Sozialisten, Einpeitscher und Integrator, hat die Linkspartei nicht viele.

1990 als Gewerkschafter aus Hessen nach Thüringen gewechselt, fällt der redegewandte und machtbewusste Ramelow auch der PDS auf. 1999 tritt er in die Partei ein, ab da geht es für ihn steil bergauf. 2001 wird er Chef der Landtagsfraktion, 2004 Wahlkampfleiter der PDS für die erfolgreiche Bundestagswahl, im Wahljahr 2005 treibt er die Fusionsverhandlungen mit der WASG voran.

Was liegt näher, als so einen zum Parteivorsitzenden zu machen, wenn Gysi und Lafontaine abtreten? Aber noch ist es nicht so weit. Erst einmal muss Ramelow, der Stratege, verwinden, dass einer wie Matschie sich und seine SPD lieber in einer großen Koalition schwächen lässt, als mit einem wie ihm Rot-Rot-Grün zu wagen. ANJA MAIER