Drei Jahre für 5.230 Fälle gefordert

Die Staatsanwaltschaft hat sich im Prozess gegen einen ehemaligen Wachmann im KZ Stutthof im Plädoyer für eine Haftstrafe von drei Jahren ausgesprochen

Im Prozess gegen einen ehemaligen Wachmann im KZ Stutthof hat die Hamburger Staatsanwaltschaft am Montag eine Jugendstrafe von drei Jahren für den Angeklagten gefordert. „Der Angeklagte ist der Beihilfe zum 5.230-fachen Mord überführt“, sagte Staatsanwalt Lars Mahnke in seinem Plädoyer. Der Angeklagte Bruno D. habe den Massenmord erkannt und weggeschaut. Da er Jugendlicher war, müsste er nach Jugendstrafrecht bestraft werden.

Der damals 17 beziehungsweise 18 Jahre alte SS-Wachmann habe gewusst, was in der Gaskammer des Konzentrationslagers passierte und dass Menschen im Krematorium erschossen wurden. Er habe den Genozid der Nationalsozialisten an den Juden als Unrecht erkannt. „In einer solchen Situation muss Schluss sein mit der Loyalität gegenüber Verbrechern“, sagte der Staatsanwalt. Der Angeklagte hätte vom Wachturm herabsteigen müssen, sein Gewehr abgeben und erklären müssen, dass er nicht mehr könne und sich zum Dienst in der Wehrmacht melden.

Der heute 93-Jährige hatte zum Auftakt des Verfahrens im vergangenen Oktober eingeräumt, dass er Wachmann in Stutthof war. Allerdings nicht freiwillig. Er sei 1944 zur Wehrmacht eingezogen worden. Weil er nicht frontverwendungsfähig gewesen sei, habe man ihn zum Wachdienst nach Stutthof abkommandiert. Die SS-Uniformjacke habe er nach der Rückkehr von einem Krankenhausaufenthalt anziehen müssen. Er habe viele Leichen in dem Konzentrationslager gesehen, selbst aber nie von seiner Waffe Gebrauch gemacht.

Der Angeklagte hätte wissen müssen, dass er Unrecht begangen habe, sagte der Staatsanwalt. In einer „Mordmaschine“ wie dem KZ Stutthof genüge es nicht, sich wegzudrehen. Das Urteil müsse auch ein Signal sein, dass ein solches Unrecht nicht verjährt. Nach den Plädoyers der Nebenklägervertreter und des Verteidigers soll das Urteil in dem Prozess am 23. Juli gesprochen werden. (dpa)