Frau und zwei Klaviere

Den Oberton des Marktplatzes in Musik umsetzen: Joe Zawinul gastiert samt Syndicate in der Fabrik

Die wohl treffendste Beschreibung seiner einzigartigen Musik hat Miles Davis anno 1970 im Covertext des Albums Zawinul geliefert: „Um solche Musik schreiben zu können, muss man innerlich frei sein, muss man Joe Zawinul sein mit zwei braunen Kindern, einer schwarzen Frau, zwei Klavieren; muss man aus Wien sein, ein Krebs und klischee-frei.“

Der Keyboarder Joe Zawinul ist eine schwer zu verortende Persönlichkeit geblieben – selbst im Jazz, der seine Geschichte ohnehin anhand genialischer Solisten erzählt. Doch Zawinul hat nicht nur ein halbes Jahrhundert lang im Zentrum des Jazz gearbeitet – in den 60ern mit Cannonball Adderley, in den 70ern mit dem elektrischen Miles Davis, als Mitbegründer der legendären Weather Report –, sondern er hat es auch verstanden, Klänge aus der ganzen Welt in seinem höchst persönlichen Sound zu fusionieren, der so unwiderstehlich und unverwechselbar am Sonntag in der Fabrik zu erleben sein wird.

Joe Zawinul, der Anfang Juli seinen 73. Geburtstag feierte, ist wieder mit Zawinul Syndicate unterwegs, der multi-nationalen Band, die in den letzten Jahren zum Sprachrohr seiner musikalischen Vision geworden ist. „Es ist gar nicht wichtig, sich anderer Kulturen zu bedienen. Aber ich reise viel und beobachte die Menschen. Vor allem interessiert mich, wie Menschen an unterschiedlichen Orten sprechen. Besuche ich in einem anderen Land einen Marktplatz, registriere ich eine Art Oberton, den ich später in meiner Musik ausdrücke. Ich mache nichts anderes, als Geschichten zu erzählen.“

Tatsächlich kann man Joe Zawinuls charakteristischen Keyboard-Sound am ehesten als Mischung zwischen Orgel, Flöte und einem grantelnden Hans Moser beschreiben. Entspanntes Zurücklehnen ist dabei ohnehin nicht drin. Die Beats des siebenköpfigen Zawinul Syndicate treiben nach vorne, heute getragen vom Bassisten Linley Marthe, der aus Mauritius stammt und sich als würdiger Nachfolger von Jaco Pastorius erweist. Scott Henderson, der bluesrockige Gitarren-Star aus der Frühzeit des Zawinul Syndicate kann leider in Hamburg nicht dabei sein, wird aber vom Brasilianer Alegre Correa mehr als vertreten, wie das aktuelle Album Vienna Nights beweist, das im letzten Jahr bei der Eröffnung von Zawinuls Wiener Club Birdland aufgenommen wurde. Denn der Keyboarder ist nach all den Jahren wieder heimgekehrt. „Ich liebe Amerika, es ist immer noch der Brunnen – aber die bessere Musik kommt heute aus Europa.“ Und gerne tritt er selbst den Beweis an.

Tobias Richtsteig

So, 21 Uhr, Fabrik