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: Zeichnen als Befreiungsakt

Witzig sind sie oft, melancholisch oder entschieden politisch – die Einträge in Christian Spechts Corona-Tagebuch. Angefangen hat das gezeichnete Pandemie-Zeitzeugnis denn auch als persönlicher Befreiungsakt. „Mir hat geholfen, etwas zu tun zu haben“, erinnert sich der taz-Kolumnist und Aktivist für die Belange von Menschen mit Behinderung an die ersten Wochen, die er nicht wie gewöhnlich im quirligen taz-Haus verbringen konnte. „Es sind auch die Angebote für Menschen mit Behinderung weggebrochen. Betreuer*innen durften zum Teil nicht einmal Hausbesuche machen“, so Specht.

Mit den Zeichnungen will er aber auch „seinen Leuten“ Mut machen und die Bedürfnisse aufzeigen von Menschen, die oft übersehen werden. Dazu gehören Karstadt-Mitarbeitende, Sex­arbeiter*innen, Theaterleute mit und ohne Behinderung. Specht legt mit seinem fast täglich (online) erscheinenden Zeichnungen den Fokus auf Themen, die zählen. Die Reihe von Bildern und Kommentaren zeigt auch, wie stark der Kreuzköllner in Kiez und Stadt verwurzelt und vernetzt ist.

Die Art und Weise wie Specht sich in seinem Tagebuch mitteilt, ließ wohl auch die Wissenschaftler*innen im Forschungsprojekt PiCarDi aufmerken. Wie die taz jetzt feststellte, führen die Professor*innen der Katholischen Hochschule NRW, der Humboldt-Universität und der Uni Leipzig Spechts Tagebuch in ihrer Handreichung „zur Situation von Menschen mit geistiger und schwerer Behinderung in der Corona-Pandemie“ auf.

Stefan Hunglinger

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