„Discovery“ fliegt beschädigt ins All

Beim Start wurden drei Zwischenfälle registriert. Darunter auch ein Loch im Hitzeschutz

BERLIN afp/ap/taz ■ Es sah zunächst nach einem Bilderbuchstart aus. Dienstag 16.39 Uhr: Die US-Raumfähre „Discovery!“ hebt ab ins All. Die 12-tägige Mission zur Internationalen Raumstation ISS beginnt nach tagelangen Verzögerungen. 16.41 Uhr: Die Feststoffraketen lösen sich. 16.47 Uhr: Der Außentank wird abgeworfen. Nasa-Chef Michael Griffin kam ins Schwärmen und sprach von der „Majestät des Starts“.

Was er nicht ahnte, weil die Techniker es erst gestern auf den Videofilmen entdeckten: Beim Abheben prallte ein Vogel in den Haupttank, und beim Absprengen des Außentanks löste sich ein Trümmerteil. Zudem platzte von einer Hitzeschutzkachel ein knapp vier Zentimeter großes Stück ab. Ein ähnlicher Schaden hatte vor zweieinhalb Jahren die „Columbia“-Katstrophe ausgelöst. Ein Loch im Hitzefeld war schuld, dass die Raumfähre verglühte, als sie wieder in die Atmosphäre eintrat. Alle sieben Astronauten starben bei dem Unglück. Ob es nun auch für die siebenköpfige Crew in der „Discovery“ gefährlich wird, ist unklar.

Nasa-Mitarbeiter betonten, es sei nicht ungewöhnlich, dass sich beim Start einer Raumfähre Material ablöse. Zudem seien bei den 113 Missionen seit 1981 rund 15.000 Beschädigungen dokumentiert. Doch sollte gestern ein Spezialteam noch einmal Videoaufnahmen analysieren: Der Start der Discovery ist von 100 Kameras gefilmt worden.

Auch im Orbit begannen die Astronauten um Kommandantin Eileen Collins mit einer Sicherheitsinspektion. Sie fuhren einen 15 Meter langen Roboterarm aus. Mithilfe der daran befestigten Kamera sollten vor allem die Hitzeschutzkacheln in der Nähe der Kabine und am Heck überprüft werden. Die für mehr als sieben Stunden geplante Aktion gilt als gefährlich: Damit keine Schäden entstehen, darf die Außenhaut der „Discovery“ auf keinen Fall berührt werden. Sonst „kann ich mir einen neuen Job suchen“, sagte Nasa-Direktor Paul Hill.

Die Crew hat zwar einen Koffer mit einem Reparatursatz für Risse an der Außenhülle an Bord. Der war bislang aber nur für Testzwecke gedacht und wurde noch nie im Ernstfall eingesetzt. Zudem haben die Astronauten bereits mitgeteilt, dass sie auf dem Weg nach Hause keinem Flickwerk trauen würden. Der Rückflug ist für den 7. August geplant. Bis dahin soll die Crew mehrere Reparaturen an der ISS vornehmen.

Schlimmstenfalls, so Spiegel Online, müsste die Besatzung an Bord der ISS gehen und den 2 Milliarden Dollar teuren Shuttle aufgeben. Die Raumfähre „Atlantis“ könnte die Crew abholen. Diese müsste allerdings binnen weniger Wochen startklar sein. Sonst geht den Astronauten der Sauerstoff aus. Fest steht: Ein neues Unglück würde die Pläne der USA, wieder Menschen zu Mond und Mars zu schicken, infrage stellen. HG