Marcus Woeller schaut sich in den Galerien von Berlin um

Mit einfachsten Mitteln, mit Buttermilchanstrich und Glühlampenfassung, hat Dirk Bell den Pavillon an der Volksbühne in eine elegant strahlende Raumskulptur verwandelt. Tagsüber reflektiert der opakweiße Körper das Sonnenlicht, welches im Inneren die Auslassungen auf der Glasfassade nachzeichnet. Nachts leuchtet die ganze Vitrine so filigran und ästhetisch wie ein japanischer Papierballon und gemahnt dochan den kleinsten gemeinsamen Nenner ethischer Höflichkeitsformeln: Das kryptische Muster senkrechter, waagerechter und diagonaler Streifen verdichtet sich dann nämlich zum Titel des Werks „Bitte Danke“. (Außerdem zeigt Dirk Bell zwei Werke in den Uferhallen. Anm. d. Red.) Viel mehr zu berichten hat Ydessa Hendeles. Ausstellungen lediglich zu konzipieren und zu organisieren, reicht ihr nun nicht mehr. Die kanadische Kuratorin debütiert in der Galerie Johann König als Künstlerin, bleibt aber ihrem Hang, verworrene Anekdoten zu erzählen, treu. In mal konkreten, mal rätselhaften Häppchen serviert sie ein komplexes Narrationsgeflecht mit wiederkehrenden Knotenpunkten und tritt dabei als Kulturhistorikerin und Märchentante auf, als Kuriositätensammlerin, Publizistin und Vorleserin, aber eben auch als Künstlerin, der es gelingt, alle Fäden ihrer vielgestaltigen Installation in der Hand zu behalten. In der Ausstellung The Bird that Made the Breeze to Blow kann und soll man sich verlieren. Hendeles lässt uns allerdings nicht im Strudel der Reizüberflutung versinken, sondern macht neugierig auf all die Geschichten, die sie nur anschneidet oder neu formuliert. Der Karrieresprung von der Ausstellungsmacherin zur Künstlerin ist Hendeles wohl deshalb so gut gelungen, weil sie schon früher wusste, was sie tat. Die Nachahmung sei ihren Kollegen von der Kuratorenschaft also nur bedingt empfohlen.

■ Dirk Bell, „Bitte Danke“, noch bis Mitte Oktober, täglich, Galerie BQ im Pavillon der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz ■ Ydessa Hendeles, „The Bird that Made the Breeze to Blow“, noch bis 11. 8., Di–Sa 11–18 Uhr, Galerie Johann König, Dessauer Str. 6–7