Kochs Freund, der Dalai Lama

Der Tibeter bekam den Hessischen Friedenspreis – und ein Geburtstagsfest in Wiesbaden

WIESBADEN taz ■ „Freunde für einen Freund“ – das ist das von der hessischen Landesregierung propagierte und seit Wochen großflächig plakatierte Motto für drei tolle Tage, zu denen Ministerpräsident Roland Koch (CDU) seine Heiligkeit, den XIV. Dalai Lama, nach Wiesbaden eingeladen hat. Die von der Wirtschaft gesponserten Feierlichkeiten mit dem im indischen Exil lebenden Oberhaupt des Landes Tibet haben zwei Anlässe: Der Dalai Lama wurde gerade 70 Jahre alt – und gestern zudem mit dem Hessischen Friedenspreis ausgezeichnet.

Der Preis würdige, so Koch, die Verdienste des Dalai Lama um die Verständigung mit dem Regime in China und sein „weltumspannendes Wirken für Frieden und Toleranz zwischen den Religionen und seinen Einsatz für Menschlichkeit“. Heute soll der Geburtstag nachgefeiert werden. Zunächst mit viel Volk im Wiesbadener Kurpark, dann mit geladenen Gästen im Kurhaus. Die Laudatio hält ein Mann, der einst Lehrer des jungen Dalai Lama war: Heinrich Harrer, dessen Buch „Sieben Jahre in Tibet“ auch erfolgreich verfilmt wurde.

Vom Dach der Welt kommend, war der Tibeter am Dienstag auf dem Frankfurter Flughafen gelandet. Beim Empfang in der Hessischen Staatskanzlei schenkte Koch seinem „Freund“ ein Fernglas. Der revanchierte sich mit einem Gebetsschal.

Der politisch angriffslustige Koch und der gerade wegen seiner Friedfertigkeit und Toleranz auch mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Dalai Lama mögen sich offensichtlich. Vielleicht weil sich Gegensätze anziehen? Koch begegnete dem Dalai Lama schon Mitte der 80er in Hofheim im Taunus. Damals war Koch Bundesvorsitzender der Jungen Union – und der Dalai Lama im Rahmen einer Europa-Rundreise zu Gast bei einem Filmemacher. Dieser „treue Freund des tibetischen Volkes“ habe den Kontakt vermittelt, erinnert sich Koch. Das Charisma des Dalai Lama ziehe ihn sofort in den Bann, schwärmte Koch einmal: „Der persönliche Charme, seine Spiritualität, seine Bescheidenheit, seine Disziplin, das Bekenntnis zur Gewaltfreiheit, seine ungebrochene Zuversicht und heitere Gelassenheit, sein ansteckendes Lachen.“

Und was schätzt der Dalai Lama an Koch? Vielleicht die zuverlässige Unterstützung des tibetischen Volkes im friedlichen Kampf um die Wiedergewinnung wenigstens der kulturellen Souveränität im eigenen Land? Und dass Koch beim Thema Tibet auf diplomatische Verrenkungen im Umgang mit China verzichtet und Klartext redet? Niemand weiß das genau.

Der Dalai Lama lächelte gestern wie immer. Bei der Preisverleihung im Landtag applaudierten die Politiker aller Parteien – stehend. Der Dalai Lama, sagte Koch nach einem Treffen 1995, mache einem bewusst, „dass es neben den Zwängen des politischen Tagesgeschäfts noch eine ganz andere Dimension gibt“. Aktuell geht die Opposition im Landtag nicht davon aus, dass Koch zum Buddhismus konvertiert – und dann womöglich auch noch wiedergeboren wird.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

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