Die Jugend der Welt bleibt lieber daheim

Die „Tage der Begegnung“ vor dem katholischen Weltjugendtag Mitte August in Köln sind ein Flop. Statt der erwarteten 250.000 Gäste aus dem Ausland kommen nur etwa 120.000. Das aber sollte die Öffentlichkeit erst einmal nicht erfahren

VON PHILIPP GESSLER

Die Pressemitteilungen des Weltjugendtages (WJT) in Köln neigen zum Halleluja-Tonfall: „Kardinal Meisner beim Papst. ‚Ich freue mich auf Köln‘ “, hieß es etwa am 19. Januar. „Bisher 370.000 Anmeldungen zum Weltjugendtag – deutlich über Plan“, jubelten etwas später die katholischen Presseleute in der Domstadt, wo vom 16. bis 21. August hunderttausende junge Menschen aus aller Welt ein hierarchiefreundliches Glaubensfest feiern wollen. Und ziemlich frech trieben es die PR-Profis am Rhein dann am 15. Juli mit der Mitteilung: „Tage der Begegnung in den deutschen Diözesen. Mehr Anmeldungen als in Paris, Rom und Toronto.“

Denn was die Jubelmelder bewusst verschwiegen: Die „Tage der Begegnung“, die als Teil des WJT vom 11.–15. August überall in den deutschen Gemeinden stattfinden, sind ein ziemlicher Flop.

Noch Anfang des Jahres schätzten die Organisatoren des römisch-katholischen Happenings die Zahl der ausländischen Gäste für die „Tage der Begegnung“ auf bis zu einer Viertelmillion Menschen, wie aus einem internen WJT-Papier hervorgeht, das der taz vorliegt. Mittlerweile erwartet man nur noch weniger als die Hälfte: rund 120.000 ausländische Gläubige, so die WJT-Vizesprecherin Nina Schmedding. Es sei richtig, „dass das enttäuschend ist“.

Dabei versuchten die WJT-Verantwortlichen noch Mitte vergangenen Monats, intern eine Art Maulkorb oder zumindest eine Sprachregelung durchzusetzen, mit der das Fiasko gegenüber der Öffentlichkeit vertuscht werden sollte. „Vor allem die positiven Zahlen der Anmeldungen in Köln sind als Erfolgsfaktor des WJT herauszustellen“, heißt es in dem internen Papier. „Die Schwierigkeiten der Tage der Begegnung dürfen sich in der medialen Wahrnehmung nicht negativ auf den WJT auswirken.“ Viel lieber hantieren die Verantwortlichen da mit der Zahl 800.000. Mindestens so viele Gläubige werden nämlich am 21. August für den Abschlussgottesdienst mit dem deutschen Papst Benedikt XVI. erwartet – den Höhepunkt des Weltjugendtages.

In der Provinz dagegen, den Bistumsstädten von Eichstätt über Bamberg und Berlin bis Hamburg, ist die Stimmung bedrückt. Denn die dortigen „Tage der Begegnung“ drohen zu eher traurigen Veranstaltungen zu werden. Im Bistum Hildesheim etwa rechnete man bei den „Tagen der Begegnung“ ursprünglich mit 10.000 Besucherinnen und Besuchern aus dem Ausland. Gemeinden und christliche Familien mühten sich ab, um Quartiere und Veranstaltungen für die Gäste zu organisieren. Nun werden nur etwa 1.300 Gläubige ins Bistum kommen, erklärt der dortige Pressesprecher Michael Lukas. Manche Dekanate oder Gemeinden hätten nun keinerlei Gäste mehr, räumt er ein. Der Frust sei groß.

„Ich habe alle Phasen der Trauerarbeit durchgemacht“, wurde der Diözesanjugendpfarrer des Erzbistums München/ Freising in der Regionalpresse zitiert, „von Wut über Schock und der Suche nach den Schuldigen bis zur Trotzreaktion.“ Etwa anderthalb Jahre hatte er sich bemüht, über 21.000 Privatquartiere für die „Tage der Begegnung“ zu organisieren – doch nur etwa 6.000 Jugendliche werden jetzt erwartet. Ähnlich sieht es in der Diözese Bamberg aus, wo statt der geplanten 10.000 jungen Leuten nur 3.500 kommen werden. Es gebe schon „enttäuschte Pfarreien“, die jetzt leer ausgingen, sagt die dortige WJT-Pressereferentin Elke Pilkenroth, „die sind geknickt.“

Im WJT-Pressebüro wird nun vor allem hervorgekehrt, dass die Gästezahlen für die „Tage der Begegnung“ immerhin besser seien als die ähnlicher Vorprogramme von früheren Weltjugendtagen in Paris 1997, Rom 2000 und Toronto 2002. Vielleicht mangele es den Jugendlichen ja auch an Zeit und Geld, mutmaßt Schmedding. Schließlich seien einige dieses Jahr wohl auch schon beim Massenereignis der Papstbeerdigung und dem Konklave in Rom gewesen.

Stefan Förner, Sprecher des Erzbistums in Berlin (1.700 statt geplanter 2.500 Gäste) tröstet sich mit einem Vergleich über die mauen Gästezahlen hinweg: Es sei doch ähnlich wie bei der Oma, die zum Festschmaus lade. Vor lauter Vorfreude bereite sie auch immer mehr Essen zu, als dann verspeist werden könne.