… ROSA LUXEMBURG?
: Rätselhaft bleiben

Es sah alles nach einem spektakulären Coup aus, der die Geschichte neu schreiben würde: Die Leiche der 1919 ermordeten Arbeiterführerin Rosa Luxemburg sollte statt auf dem Friedrichsfelder Zentralfriedhof im Keller der Charité liegen! Der Rechtsmediziner Michael Tsokos hatte dort im Mai eine unidentifizierte Wasserleiche entdeckt – ohne Kopf, Hände und Füße. Körpergröße, Alter und Arthrose, die unterschiedlich langen Beine des Torsos – das passt doch alles auf die ermordete Kommunistin, schlussfolgerte Tsokos und begab sich fortan auf die Suche nach Beweisen. Allein: Tsokos fand sie nicht. Am Wochenende räumte der 42-Jährige nun ein, dass das Rätsel vorerst nicht gelöst werden kann. Vielleicht nie.

„Nur DNA-Spuren würden Klarheit schaffen, und die habe ich bislang nicht gefunden“, so Tsokos. Rund 100 Hinweise hatte er erhalten, 50 Spuren ist er nachgegangen. So nahm Tsokos Kontakt mit einer Großnichte von Luxemburg in Israel auf oder untersuchte Seite für Seite ein 18-bändiges, mit eingehefteten Kräutern vollgepapptes Herbarium der Sozialistin in einem Warschauer Archiv. Es half alles nichts: Das Herbarium sei durch zu viele Hände gegangen um DNA-Spuren von Luxemburg zu identifizieren, so Tsokos. Und die Großnichte sei verwandtschaftlich zu weit entfernt.

Es war im Januar 1919, als Luxemburg zusammen mit Karl Liebknecht von rechtsnationalen Freikorps ermordet, ihre Leiche in den Landwehrkanal geworfen wurde. Eine fünf Monate später an einer Schleuse gefundene Frauenleiche wurde damals als Luxemburg identifiziert und auf dem Zentralfriedhof beerdigt.

Dass vor 90 Jahren eine andere Frau als Rosa Luxemburg begraben wurde, da ist sich Tsokos sicher. Dass die echte Luxemburg allerdings im Charité-Keller liegt, sei „eine spannende Theorie, für die vieles spricht“ – mehr aber leider nicht. Am Jahresende soll der Charité-Torso nun beerdigt werden. Vorsichtshalber wurden dem Leichnam aber DNA-Proben entnommen – die zu einem späteren Zeitpunkt noch mal untersucht werden könnten. Fortsetzungen sind also nicht ausgeschlossen. KO