Arbeitslose ohne Ende

Arbeitslosigkeit steigt in Hamburg weiter an. Mit 11,9 Prozent steht die Stadt im Ländervergleich schlecht da. Am härtesten trifft es Frauen und Jugendliche. Fast 2.000 Schulabgänger ohne Lehrstelle. Gewerkschaften warnen vor „kaschierter Not“

von Eva Weikert

In Hamburg schrumpfen die Chancen für Jobsuchende auf einen Arbeitsplatz ins Aussichtslose: Wie in den Vormonaten hat im Juli die Arbeitslosigkeit erneut zugenommen. Das teilte gestern die Arbeitsagentur mit. 103.841 Menschen seien arbeitslos gemeldet, 1.795 mehr als im Juni. Die Arbeitslosenquote stieg gegenüber dem Vormonat um 0,2 auf 11,9 Prozent, im Westen gibt es nur in Bremen und Berlin mehr Arbeitslose. Zu den am häufigsten betroffenen gehören Frauen und Schulabgänger.

Im Vergleich zum Rest der Republik sieht es hier noch düsterer aus: Zwar stieg die Arbeitslosenquote im Bund um 0,2 Punkte, ist mit 11,5 Prozent aber etwas niedriger. Im Vergleich zum übrigen Westen steht Hamburg weit schlechter da: Dort liegt die Quote bei 9,6 Prozent.

Grund für die wachsende Not sei „die Urlaubszeit, in der sich die Betriebe bei Einstellungen zurückhalten“, so Karl-Heinz Kleemann, Geschäftsführer der Hamburger Arbeitsagentur. Die meisten Stützebezieher sind langzeitarbeitslos und erhalten den 345-Euro-Regelsatz: Im Juli kletterte die Zahl der erwerbsfähigen Arbeitslosengeld-II-Empfänger um 1.508 auf 69.319. Die Zahl jener, die weniger als ein Jahr ohne Job sind, erhöhte sich gegenüber Juni um 287 auf 34.522.

Die stark gestiegene Zahl der Arbeitslosen unter 25 Jahren sei durch das Ende des Schul- und Ausbildungsjahres bedingt, meinte Kleemann. Die Statistik weist eine Explosion um 44,5 Prozent gegenüber Juli 2004 aus. Dies ist vor allem ein Effekt der neuen Zählweise, die mit Hartz IV eingeführt wurde und zuvor als arbeitsfähig geltende Sozialhilfeempfänger miterfasst.

Im Vergleich zum Vormonat stieg die Zahl der jüngeren Arbeitslosen um 907 auf 11.351 an. 1.154 gemeldeten, noch unbesetzten Lehrstellen stünden 1.943 nicht vermittelte Bewerber gegenüber, berichtete Kleemann. Im Vorjahr waren es es mit 2.522 unversorgten Schulabgängern zwar ganze 600 mehr. Die Zahl der Bewerber auf Lehrstellen ist der Agentur zufolge aber im Vergleichszeitraum um 15 Prozent geschrumpft (siehe Kasten).

Neben Ungelernten und über 55-Jährigen fänden vor alle Frauen keinen Weg in den Job, wie die Statistik belegt: Nach den Arbeitern stellen sie mit 45 Prozent die größte Gruppe unter den Arbeitslosen. Kleemann verwies auch hier auf die Hartz-Regel. Viele Frauen seien aus der Sozialhilfe in die ALG-II-Förderung gewechselt und würden erstmals als erwerbsfähig erfasst.

Der CDU-Senat beeilte sich denn auch gestern, auf die „statistischen Verzerrungen“ bei der Berechnung der Arbeitslosenzahlen hinzuweisen. Dass die Arbeitslosigkeit in Hamburg gegen den Bundestrend ansteige, liege daran, behauptete Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU), dass die Überprüfung der Sozialhilfeempfänger auf Erwerbsfähigkeit hier noch andauere. Viele Städte hätten gleich zu Jahresanfang sämtliche Sozialhilfeempfänger in die ALG-II-Statistik genommen: „In Hamburg geschieht dies erst nach einer genauen Prüfung jedes Einzelfalls.“

Allerdings hatte die Sozialbehörde Ende Februar nur noch 14.513 Sozialhilfeempfänger gegenüber 131.297 in 2004 vermeldet. Rund 90 Prozent der Stützebezieher, so die Behörde schon damals, seien zum Jahreswechsel als „potenziell arbeitsfähig“ in den ALG-II-Bezug gewechselt.