Banken machen Kleinstkunden das Leben schwer

Verbraucherschützer fordern Girokonten für alle. Bisher weigern sich viele Banken, Arbeitslose oder Sozialhilfeempfänger zu betreuen

Unregelmäßiges Einkommen? Negativer Schufa-Eintrag? Das sollte bei der Eröffnung eines Girokontos egal sein. Sollte es, wohlgemerkt. So lautet nämlich eine Empfehlung des Zentralen Kreditausschusses (ZKA), eines Zusammenschlusses der Banken- und Sparkassenverbände. Bankinstitute sind jedoch nicht verpflichtet, jedem bedingungslos ein Guthabenkonto einzurichten. Das wollen die Verbraucherzentralen Berlin und Brandenburg nun ändern.

Tatsächlich haben etwa 11 Prozent aller Sozialhilfeempfänger in Berlin kein eigenes Girokonto. Das hat eine Befragung der Berliner Sozialleistungsträger durch die Landesarbeitsgemeinschaft der Schuldner- und Insolvenzberatung (LAG) ergeben. „Es ist schlimm, dass häufig den Ärmsten der Armen die Einrichtung eines Guthabenkontos verwehrt wird“, sagt der Justitiar der Verbraucherzentrale Berlin, Ernst Ungerer. Ein Leben ohne Girokonto bringe viele Nachteile mit sich: Schon das Zahlen von Miete, Strom und Telefon wird zum Problem, zusätzliche Barzahlungen kosten laut LAG bis zu acht Euro. Arbeitslose haben ohne Konto noch schlechtere Chancen auf eine Stelle – denn kaum ein Arbeitgeber zahlt Lohn noch bar aus. Selbst der Landeshaushalt werde belastet, sagt Ungerer. Er schätzt, dass durch Barauszahlungen der Sozialleistungsträger jeden Monat Kosten von etwa 476.000 Euro entstehen.

Zwar empfiehlt der ZKA schon seit 1995 ein Girokonto für alle. Doch die Kreditinstitute seien „nicht verpflichtet, ein Girokonto für den Antragsteller zu führen, wenn dies unzumutbar ist“, schrieb der Bankenverband vor zehn Jahren. Damals hatten einige Fraktionen des Bundestages einen gesetzlichen Anspruch auf Guthabenkonten gefordert. Nach der Selbstverpflichtung der Banken sah der Gesetzgeber aber keinen Handlungsbedarf mehr. Darum haben die Banken bis heute das Recht, die Eröffnung eines Kontos ohne Angabe von Gründen zu verwehren. Ihnen bleibt stets die „Einzelfallentscheidung“ vorbehalten.

Richtlinien gebe es da nicht, sagt ein Sprecher der Deutschen Bank: „Es ist immer die Einschätzung des Beraters ausschlaggebend, der hat seine eigenen Anhaltspunkte.“ Zuverlässig und seriös solle der Kunde jedoch wirken. Sicherlich gebe es unausgesprochene Richtlinien, meint hingegen Alexander Bredereck, Vorsitzender der Verbraucherzentrale Brandenburg. „Gewisse Verbrauchergruppen sind bei den Banken einfach unbeliebt, und das scheint man den Mitarbeitern klar zu machen.“

Zur Veranschaulichung der Problematik hat die Verbraucherzentrale dreißig Banken nach ihren Bedingungen für die Eröffnung eines Girokontos befragt. 20 Kreditinstitute fordern eine Schufa-Auskunft, acht lassen sich ein geregeltes Einkommen bescheinigen und bei dreien haben Empfänger von Arbeitslosengeld II definitiv keine Chance. Da müssten eigentlich Banken übrig bleiben, die Guthabenkonten für alle bewilligen.

Schuldnerberaterin Monika Wächter sagt, dass es in der Realität jedoch häufig ganz anders aussieht: „Oft schicken wir Schuldner zur Sparkasse, die dort noch nie ein Konto überzogen haben. Und trotzdem kommen die dann ohne Konto wieder zurück, meistens sogar ohne Begründung.“

Die fordern nun die Verbände. „Sollte es vorgeschobene Gründe für eine Ablehnung geben, würden wir die Bank verklagen“, sagt die Vorsitzende der Verbraucherzentrale Berlin, Thea Brünner. Betroffene Verbraucher können sich bei den jeweiligen Verbänden beschweren.

KATHI PREPPNER