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Kritik an Jagdpraxis in Spanien1.500 Euro für eine Bergziege

Jäger in Spanien erlegen eigens für die Jagd gezüchtete Tiere. Dafür zahlen sie saftige Abschussprämien. Tierschützer kritisieren die Geldmacherei.

Halali: 3.500 Euro kostet ein Hirsch Foto: Juan Carlos Munoz/imago

Madrid taz | Jagd ist „Hege und Pflege“, so verteidigen auch die spanischen Jäger ihr Hobby gegenüber ihren Kritikern. Ohne Jagd käme es in den Wäldern und Feldern zu Überbevölkerung durch wilde Tiere, von Kaninchen über Rebhühner bis hin zu Wildschweinen und Rotwild. Mit diesem Argument erreichten die Waidmänner und -frauen in vielen Regionen Spaniens, dass die Jagd auch mitten in der Covid-Ausgangssperre als einzige Aktivität in Gruppen und weit weg vom Wohnort erlaubt war.

Doch ein Bericht zeigt: Das Argument mit der „Hege und Pflege“ stimmt nicht. „Die Jäger verschanzen sich hinter einer Überbevölkerung, die von ihrer eigenen Branche gemacht ist“, heißt es in einem Bericht eines Bündnisses von über 200 Umweltschutzorganisationen unter dem Namen „Plattform Nein zur Jagd“ (NAC).

Demnach werden Millionen von Tieren in Hunderten Wildfarmen gezüchtet und dann meist in privaten Jagdgebieten freigelassen, damit die Freunde der „Hege und Pflege“ sie bei ihrer Pirsch erlegen können. Die Wälder und Felder dienen als riesiger Schießstand für die Jagd auf Tiere, „die an den Menschen gewöhnt sind“, so die NAC.

„Erst eliminieren sie ihre Konkurrenten“

„Die Strategie ist so einfach wie effektiv. Erst eliminieren sie ihre Konkurrenten, die natürlichen Raubtiere (Wölfe, Füchse, Luchse, Raubvögel, Reptilien …). Dann füllen sie die Jagdreviere mit Tieren auf, die in Farmen gezüchtet wurden. Damit werden massive Abschusszahlen garantiert, die für die Rentabilität ihres Geschäfts unerlässlich sind“, heißt es in dem Bericht. Die Jäger zahlen 1.500 Euro für eine Bergziege, 2.000 Euro für ein Wildschwein und bis zu 3.500 Euro für einen Hirsch.

„Dies zerstört die Artenvielfalt, das natürliche Gleichgewicht und macht aus dem ländlichen Raum und Wald eine Fabrik für Abschussziele, die an den verkauft werden, der am meisten bietet“, heißt es weiter. Auch Treibjagden auf kleine Tiere, wie Rebhühner oder Kaninchen, werden mit gezüchteten Tieren bestückt.

In manchen Regionen, so etwa in der nordspanischen Provinz León, stammen laut NAC 100 Prozent aller gejagten Tiere aus Wildfarmen. In Spanien gibt es rund 800.000 Jäger, jährlich erlegen sie rund 25 Millionen Tiere. Zum Vergleich: Der Jagdverband Unac selbst spricht in einem Bericht von 2018 von vier bis sechs Millionen freigelassenen Tieren pro Jahr und von 1.235 Wildfarmen in Spanien und berichtet stolz, dass diese Aktivität seit den 1960er Jahren immer mehr Erfolg habe.

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5 Kommentare

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  • " Die Jäger zahlen 1.500 Euro für eine Bergziege, 2.000 Euro für ein Wildschwein und bis zu 3.500 Euro für einen Hirsch."

    wie pervers,dass mit dem tod von tieren geld verdient wird.das darf es nicht mehr geben!

    der mensch sollte mit dem töten von anderen säugetieren aufhören und die jagd den raubtieren überlassen die ohne sie nicht leben können

    im übrigen dürften die meisten jäger*innen in spanien und anderswo reaktionäre parteien wählen.auf das was die wähler*innen reaktionärer parteien für ihre interessen halten brauchen und sollten linke keine rücksicht nehmen.

  • Normalerweise finde ich die Berichte von Herrn Wandler ueber Spanien eigentlich immer gut. Diesen Artikel finde ich aber bodenlos schlecht. Ist das eigentlich Journalismus, wenn man einfach einen Bericht von einer NGO Plattform paraphrasiert? Keine kritische Einordnung, keine anderweitigen Meinungen, etc.

  • Das war in der DDR nicht anders. Ich besichtigte das Jagdrevier Erich Honneckers im Harz. Um den Hegetrieb zu befriedigen, so eröffnete man mir, band man in der Nähe der Futterkrippe die Tiere an, damit sie nicht verschwanden, wenn, vom Jagdtrieb übermannt, Erich durchs Gehölz brach.



    Die Diplomatenjagden in der BRD verliefen nicht viel anders. Oft nur am Geweih ließen sich die Tiere von den Sonsbecker Treibern vor die Flinten ziehen und trotzdem trug nachher manches Wildpret statt einem Geweih einen Diplomatenpass.

  • Das einzige, was mich persönlich an der Praxis stört, ist das so genannte "Eliminieren der Konkurrenz". Dieser Teil ist vollkommen unnötig, vielmehr sollte man einen so entstehenden natürlichen Schwund mit einkalkulieren.

    Der ganze Rest? In Ordnung. Die Tiere leben in Freiheit und haben so viel Bewegungsfreiraum, wie sie nur wünschen können. Dass sie am Ende trotzdem im Topf landen, gehört nun einmal dazu. Aber sie müssen weder Massentierhaltung noch stressige Tiertransporte ertragen.

    Und natürlich "kritisieren Tierschützer" das Ganze. Heutzutage kann man machen, was man möchte, irgendein Tierschützer (und co) wird sich immer finden, der sich drüber aufregt. Das ist keine Verurteilung gegen Tierschützer per se, auch mir liegt Tierwohl am Herzen - aber wie in jeder anderen Gruppe auch, gibt es dort Spinner, die jeden bezug zur Realität verloren haben.

    • @Aphidius colemani:

      Wenn die Tiere denn wenigstens "im Topf landen" würden, wie Sie schreiben. Ich habe den Eindruck, dass es bei dieser Form der Jagd um Trophäen und nicht um Ernährung geht.

      Zudem bezweifle ich, dass in Farmen aufgezogene Tiere soviel Bewegungsfreiraum haben, "wie sie nur wünschen können".

      Richtig ist hingegen, dass es in jeder Gruppe Spinner gibt, die jeden Bezug zur Realität verloren haben...