HAMBURGER SZENE VON MAXIMILIAN PROBST
: Geliebte Probleme

„Manchmal fühl ich mich schuldig“, sagte er. „Ich hasse es, von mir zu erzählen, vor allem von meinen Problemen“

Er trägt eine abgeschabte Jeans, und das Haar mit Mut zur Lücke. Die Augen sind klein, wie von Brand gerötet und immer in Bewegung. Als wir dabei sind, das dritte Bier einzustellen, beginnt er zu erzählen, oder eher, sich erzählend auszuschweigen.

„Manchmal fühl ich mich schuldig“, sagte er. „Ich hasse es, von mir zu erzählen, vor allem von meinen Problemen.“ Stimmt, nie wussten wir, was ihn gerade drängte, bedrückte, herabzog, wenn er mal einen kompletten Abend über in Schweigen versank. „Aber dann denke ich“, fuhr er fort, „dass es doch nur die Psychoanalyse ist, die uns solche Schuldgefühle einredet. Und in deren Namen reden auch die anderen auf mich ein. Freunde, die wähnen, weil sie ihre Probleme immer auf den Tisch bringen müssen, wäre es auch für mich besser, über meine zu sprechen. Und nun hab ich das Problem.“

Ich hielt es an dieser Stelle angezeigt, eine kurze Lachsalve abzufeuern. Er aber blieb ernst, und was er sagte, ließ mich zweifeln, ob er überhaupt wusste, was ein Problem ist – oder vielleicht die beste aller Lösungen gefunden hatte. „Was soll’s“, sagte er. „Ich habe nichts gegen Probleme. Im Gegenteil: Ich höre eure gerne. Meine aber habe ich so lieb, dass ich vorziehe, mit ihnen allein zu bleiben.“