Der Tarifabschluss auf dem Bau steht

Arbeitgeber setzen sich über eigenen Regionalverband hinweg und ermöglichen so Einigung in letzter Minute

FRANKFURT/MAIN ap/afp ■ In letzter Minute ist der Tarifstreit am Bau endgültig beigelegt worden: Der Ende Juni vereinbarte Tarifabschluss für die 800.000 Beschäftigten tritt nach Angaben des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes (ZDB) trotz der Ablehnung eines Regionalverbandes in Kraft. Dies sei mit der IG Bauen Agrar Umwelt vereinbart worden, erklärte der Zentralverband gestern Nachmittag in Berlin.

Damit werden den Angaben zufolge die vereinbarten Bestandteile gültig – wie etwa die Verlängerung der Wochenarbeitszeit von 39 auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich ab Januar 2006. Auch eine einprozentige Lohnerhöhung ab April 2006 im Westen Deutschlands und die Verlängerung der Mindestlöhne waren vereinbart worden.

Zuvor hatte der Ende Juni ausgehandelte Tarifkompromiss vor dem Scheitern gestanden, da der Innungsverband des Zimmererhandwerks Westfalen die Tarifverträge gestern auf einer Mitgliederversammlung abgelehnt hatte. Der Verband gehört zu sechs regionalen Verbänden, die dem Tarifkompromiss laut einer Vereinbarung mit der Gewerkschaft bis gestern Abend hätten zustimmen müssen. Ansonsten sah die Vereinbarung vor, dass die Tarifverträge als nicht zustande gekommen gelten.

Über die Vereinbarung hat sich der Zentralverband nun hinweggesetzt. Die fünf anderen regionalen Verbände – Bremen, Hessen, Thüringen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein – hatten den Tarifkompromiss gebilligt, wenn auch nur knapp. Die sechs regionalen Arbeitgeberverbände hatten ihrem Zentralverband bereits vor Beginn der Tarifverhandlungen das Mandat entzogen, für sie Lohnverhandlungen zu führen. Grund war der letzte Tarifabschluss aus dem Jahr 2002, der nach einem Streik der Bauarbeiter ihrer Meinung nach mit einer mehrprozentigen Lohnerhöhung zu hoch ausgefallen war.

Insgesamt, zusammen mit den übrigen Mitgliedern, hätten 97 Prozent dem Tarifkompromiss zugestimmt, erklärte der ZDB. Der Zimmererverband organisiere nur ein Prozent der Mitglieder seines Zentralverbands. Deshalb habe man mit der Gewerkschaft vereinbart, den Tarifabschluss trotzdem wirksam werden zu lassen.

Der ZDB-Verhandlungsführer und Vizepräsident Frank Dupré erklärte dazu, es handele sich um einen „wegweisenden Tarifabschluss“, der nicht an einer Minderheit in der baugewerblichen Organisation scheitern dürfe. „Der Schwanz kann nicht mit dem Hund wedeln“, erklärte Dupré. Der ZDB-Vizepräsident drohte zugleich „verbandspolitische Konsequenzen“ aus dem Verhalten des Zimmererverbandes nach der Sommerpause an.

Der Innungsverband, der eigenen Angaben zufolge 500 Firmen mit rund 10.000 Beschäftigten vertritt, erklärte nach seiner außerordentlichen Mitgliederversammlung, der Tarifkompromiss vom 21. Juni sei nicht akzeptabel. Die beschlossene Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden bringe keine Entlastung für die Betriebe, und die vereinbarte einprozentige Lohnerhöhung sei eine „unzumutbare Belastung“, die weitere Arbeitsplätze gefährde.

Die Arbeitgeber erhoffen sich von dem neuen Tarifvertrag Kosteneinsparungen für die unter der lahmenden Konjunktur und ausländischer Billigkonkurrenz leidenden Branche. Allein durch die Anhebung der wöchentlichen Arbeitszeit würden die Lohnkosten um 2,5 Prozent sinken, kalkuliert der ZDB.