Schwankende Neubauten

Wenn Perspektiven sich ändern – dann muss es nicht zwangsläufig so sein, dass man träumt. Denkbar ist auch, dass Synapsenverschaltungen im eigenen Hirn nicht funktionieren oder – auch das hat es gegeben – dass man einer ganz realen Veränderung beiwohnt. Wobei die allerdings meist nicht in solch atemberaubenden Tempo vor sich zu gehen pflegt wie in den Video-Installationen Geelke Gaykens, die ein denkbar gespenstisches Szenario für ihre Videos wählte, die an diesem Wochenende im Feld für Kunst gezeigt werden.

Die Wohnanlage im chinesischen Shenzhen unmittelbar neben dem regionalen Atomreaktor hat sie nämlich für ihre Versuche mit sich verschiebenden Häuserblocks ausgewählt – und fast gelingt es ihr, das Grauen des Mitteleuropäers angesichts solch räumlicher Nähe zur Gefahr in subtile Auflösungsprozesse zu transformieren: Langsam, aber unaufhaltsam beginnen die Gebäude zu schwanken, um alsdann zu verschwinden. Eine interessante Umsetzung von schleichend Leben zersetzender Radioaktivität in optische Zersplitterung; festhalten kann man nichts. Auch nicht die Bilder öffentlicher Plätze, die Anja Hertenberger mit ihrer Mini-Kamera aufnahm und auf ihren eigenen Rücken projizierte, aber nicht konservierte.

Einen Hauch langlebiger ist vermutlich Hertenbergers Videoinstallation „Beets“, die spiegelnde Fassaden einander gegenüberstellt und so mit Schattierungen von Realität und Virtualität spielt, bis sich Original und Spiegelung – wie in Lewis Carrolls Alice hinter den Spiegeln nicht mehr unterscheiden lassen. Eine intereressante Aussage übrigens über Tendenzen zeitgenössischer Büroarchitektur, die durch Glas Transparenz zu schaffen versucht, das Höhlentier Mensch aus einen letzten Refugien locken will dabei aber ganz vergessen hat, dass das Bedürfnis nach Privatsphäre eine evolutionsresistente Konstante zu sein scheint. PS

„Ansul, der Angelpunkt der Fantomzone“: heute und morgen 16–20 Uhr im Feld für Kunst, Eimsbüttler Chaussee /Ecke Doormannsweg