Zwei Stimmen für die Jugend

In Schwachhausen sitzen künftig zwei Jugendliche im Beirat. Noch dürfen sie nur mitreden. Bald jedoch sollen sie auch Stimmrecht haben – das haben Grüne, CDU, SPD und FDP gemeinsam beschlossen. Innenressort: nicht vom Gesetz gedeckt

Bremen taz ■ Der jüngste Parlamentarier Bremens heißt Felix Hermann. Er ist 16 Jahre alt, parteilos und sitzt seit drei Wochen im Beirat Schwachhausen – ein Novum in der Hansestadt. Man wolle „gesetzlich verankerte Jugendbeiräte“ in ganz Bremen ermöglichen, formulierten die Abgeordneten von Grünen, SPD, CDU und FDP Anfang des Monats ihr gemeinsames Ziel – und gingen gleich mit gutem Beispiel voran. Ab sofort, so der einstimmige Beschluss, stehen zwei Stühle mehr am Beiratstisch. Und auch wenn das Votum der Jugendlichen aus rechtlichen Gründen vorerst „nur informellen Charakter“ haben könne, versprachen die ordentlich gewählten Beiratsmitglieder doch, deren Meinung sorgsam zu berücksichtigen – bis die Bürgerschaft die notwendigen Gesetzesänderungen beschlossen habe.

Gewählt haben Hermann und seine 21-jährige Beiratskollegin Daniela Nustede ein Duzend Jugendliche aus dem Freizeitheim Parkallee – eine Interimslösung. Schon im nächsten Jahr aber, so der Plan, sollen alle Schwachhauser Jugendlichen zwischen 14 und 20 Jahren – es sind knapp 2.000 – in ordentlichen Wahlen einen fünfzehnköpfigen, parteienfreien Jugendbeirat wählen. Der wiederum soll nach dem Willen seiner Erfinder nicht nur über einen festen Etat bestimmen, sondern auch zwei Delegierte in das Stadtteilparlament und weitere in die Ausschüsse entsenden.

„Eine sehr gute Idee“, urteilt der Schwachhauser SPD-Bürgerschaftsabgeordnete und Jurist Wolfgang Grotheer über den Vorschlag: „Das kann nur dazu beitragen, dass sich Jugendliche politisch engagieren.“ Gleich nach der Sommerpause will er das Thema in seiner Fraktion auf die Tagesordnung setzen, SPD-Innen- und Jugendpolitiker haben bereits Unterstützung signalisiert. Die Grünen – eines ihrer Beiratsmitglieder hatte die Idee vor Jahren aufgeworfen – stehen dem Jugendbeirat ebenfalls aufgeschlossen gegenüber. Und der jugendpolitische Sprecher der CDU, Michael Bartels, betont, dass man „begrüße, wenn Jugendliche dadurch in das politische Geschehen mit eingebunden werden können“.

Im CDU-geführten Innenressort steht man dem Vorstoß aus Schwachhausen dagegen eher reserviert gegenüber. Der Beiratsbeschluss, moniert Sprecher Markus Beyer, sei „in Teilen auf unrechtlicher Grundlage gefasst worden“. So könne der Beirat nicht einfach per Beschluss „ständige Gäste“ mit aufnehmen. Das Recht, jederzeit Anträge zu stellen, stehe nach dem Gesetz zudem ausschließlich den „richtigen“ Beiratsmitgliedern zu. Und den Jugendlichen einen Pauschalbetrag zur freien Verfügung zu überlassen, sei ebenfalls nicht zulässig. Die Beiräte hätten Fakten geschaffen, ohne zuvor die rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen, kritisiert das Ressort. Selbst Ortsamtsleiter Werner Mühl hegt inzwischen Bedenken, ob der Beschluss in allen Details haltbar ist. Er sei jedoch überzeugt, dass auf der nächsten Beiratssitzung rechtlich einwandfreie Formulierungen gefunden werden könnten, sagte Mühl.

Zum eigentlichen Ziel des Beirats, Jugendbeiräte zu ermöglichen, die als ordentliche Beiratsmitglieder mit abstimmen dürfen, wollte sich das Innenressort noch nicht äußern. Dies sei Sache der Bürgerschaft, so Sprecher Markus Beyer. SPD-Mann Wolfgang Grotheer hofft noch auf eine von allen Parteien gemeinsam getragene Gesetzesänderung. CDU-Mann Michael Bartels rudert dagegen schon zurück. „Zur politischen Tätigkeit gehört auch ein gewisser Grad an Reife“, sagt er. Und: „Es ist nicht unbedingt zwingend, dass Jugendbeiräte Stimmrecht bekommen.“ Armin Simon