berliner szenen Mädchen & Pferde

Foto für Andrea Dorau

Es gibt nichts zu tun, wir kämpfen uns wahllos und unbeschäftigt durch die Straßen, durch die dicke Luft. Zu mehr als einem Aufenthalt im Streichelzoo des Görlitzer Parks reicht unsere belämmerte Handlungsfähigkeit nicht. Schafe blöken herzzerreißend, und Gänse knabbern an meinem Kniegelenk. Kinder in Norwegerpullis mit verschmierten Mündern wackeln um uns herum. Ein Stückchen entfernt vom Gehege wird es auf einmal aufregend. Auf bunten Decken liegen Mädchen, die Bionade trinken und Gummibärchen essen.

Es werden Fotos gemacht für „40 Frauen“, den nächsten Gassenhauer von Andreas Dorau. Mädchenkörper sollen den Schriftzug „40 Frauen“ auf der grünen Wiese bilden. Aus sicherer Entfernung schauen wir zu. Berechenbare Mädchenzeitschriften-Sätze wehen zu uns herüber: „Oh Gott, dann sieht man genau meinen Hintern so schlimm.“

Wir erschauern. Es sind nicht genug Frauen, und ein Junge mit einem Pferde-T-Shirt kommt auf uns zu und fragt, ob wir nicht mitmachen möchten. Wir zögern und lassen uns bitten. Aber dann doch. Ich werde ein Strich vom „E“ und versuche krampfhaft, nicht wegzukullern. Ameisen nehmen mich in Besitz, ich schaue in die Wolkenberge, die schnell ziehen und zeigen: Die Welt kreiselt und rast. Mir wird schwummerig.

Andreas Dorau posiert ein wenig vor den Damen, und mir fallen zu seiner Person nur niedliche Schmeicheleien ein. Ein possierliches Tierchen aus dem Streichelzoo! Die Stimme eines kleinen Jungen, der über den Hügel purzelt und schreit: „Guck mal, ich kullere den Berg runter! Guck mal!“ Dann ist es schon vorbei, und wir stieben davon.

JANE FRÄNZEL