Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Qualitätsjournalismus ist gefragt wie lange nicht mehr. Es gibt, auch vier Monate nach Ausbruch des Virus, noch immer mehr Fragen als Antworten. Die Coronapandemie hat nicht nur eine Gesundheits- und Wirtschaftskrise hervorgebracht. In ihrem Zuge ist Deutschland auch in eine Unsicherheitskrise gerutscht, wie es sie die Gesellschaft seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht kannte.

Informationsvermittlung und Kontrolle der Macht, die grundlegenden Aufgaben der Medien, stellen Journalist.innen dabei vor besondere Herausforderungen: denn Wissenschaftler.innen forschen in Echtzeit, Politiker.innen tasten sich mit mal forschen, mal zögerlichen Maßnahmen ihren Weg durch die Krise. Gewissheit ist Mangelware und Kritik kann immer nur ein Hinterfragen im Ungewissen sein. Für das, was wir gerade erleben, gibt es keine Folie des Bekannten.

Dennoch wird gerade auch der Aspekt der Wächterrolle des Journalismus zu Recht erwartet und eingefordert. In den vergangenen Wochen wurden so drastische Beschränkungen von Grund- und Freiheitsrechten verhängt, wie wir sie in Deutschland nicht für möglich gehalten hätten. Darüber sollte, nein muss, laut und nachhaltig gestritten werden. Welch besseren Ort gäbe es dafür, als die taz? Und wer sollte diesen Streit austragen, wenn nicht wir und Sie, die kritischen Leser.innen der taz?

Uns erreicht enorm viel Zuspruch für unsere differenzierte Berichterstattung, unsere Zugriffszahlen und die Abonnenment-Entwicklung sind überwältigend. Manchen Leserinnen und Lesern ist die taz dagegen in dieser Coronakrise zu unkritisch. Die taz hat keine Einheitslinie, im Allgemeinen nicht und auch nicht bei der Coronaberichterstattung. Jede gegenteilige Behauptung löst mindestens Murren, oft auch offenen Widerspruch in der Redaktion aus. Stromlinienförmigkeit widerspricht dem Selbstverständnis der taz.

In einer fundamentalen Krise ist die Auseinandersetzung eben auch: fundamental wichtig. Deshalb haben wir uns entschlossen, an dieser Stelle in die Auseinandersetzung mit Ihnen, unseren Leserinnen und Lesern, zu gehen. Den Anfang machen heute Malte Kreutzfeldt und Ulrich Schulte mit einem eindringlichen Plädoyer. Weitere Texte aus der taz-Redaktion sollen in den kommenden Wochen folgen, ergänzt durch Ihre Meinungen, die so vielfältig und divers sind, wie die taz selbst. Schreiben Sie uns.Ihre Barbara Junge