Ministerium droht AKW- Stilllegung an

ATOM Mahnung wegen Sicherheitsproblemen in acht Kernkraftwerken

BERLIN taz | Während die künftige schwarz-gelbe Koalition über die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke verhandelt, droht die alte Regierung acht Meiler einstweilig stillzulegen. Das derzeit noch SPD-geführte Bundesumweltministerium sieht schwere Sicherheitsprobleme in den Reaktoren Neckarwestheim 1 und 2, Phillipsburg 2, Grafenrheinfeld, Isar, Brokdorf, Grohnde und Emsland. Ein Ministerialbeamter schrieb an die Atomaufsichtsbehörden der Länder, sie müssten zum 9. Oktober darlegen, „aus welchen Gründen Sie derzeit den Betrieb des betroffenen Kernkraftwerks dulden“. Und: „Bundesaufsichtliche Weisungen behalte ich mir vor“.

Das Problem, das vor allem Druckwasserreaktoren haben: Leckt etwa ein Ventil im Kühlkreislauf, schießt Wasserdampf in einen Sicherheitsbehälter. Dabei löst sich Dichtungsmaterial. Dies verstopft Pumpen, die im Notfall aus dem Sicherheitsbehälter Wasser zum Kühlen des Kerns ansaugen. Rainer Baake von der Deutschen Umwelthilfe warnt: „Ein Leck im Kühlkreislauf kann zur Katastrophe führen“ – der Kernschmelze. Bisher haben die Techniker keine einwandfreie Lösung: Siebe dürfen nicht zu viel Material durchlassen, aber auch nicht verstopfen. Die Umwelthilfe prangerte das im Juli erstmals öffentlich an.

Das Umweltministerium bat die Länder im März um einen „Sicherheitsnachweis“. Hessen erklärte, dass der Atommeiler Biblis B diesen nicht liefern könne, der Betreiber RWE sagte Verbesserungen zu. Der Reaktor ging in Revision und bis heute nicht wieder ans Netz. Die Bundesbeamten bemängeln in Bayern, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen „fortbestehende Nachweisdefizite“. HG

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