Keine Spitzenmannschaft

Der Wuppertaler SV verpatzt den Saisonstart in der Regionalliga Nord. 1:3 gegen Carl Zeiss Jena. Auch die psychologische Unterstützung von Paralympics-Sieger Wojtek Czyz brachte nicht wirklich viel

AUS WUPPERTALTHOMAS BESCHE

„Denke nicht an das, was du warst, sondern an das, was du bist und zu sein dich sehnst.“ Geschrieben steht es auf der Homepage von Wojtek Czyz. Der dreifache Paralympics-Sieger von Athen (100 und 200 Meter, Weitsprung) sollte den Spielern des Drittligisten Wuppertaler SV Borussia vor dem Start in die neue Saison den letzten mentalen Kick verpassen. WSV-Trainer Uwe Fuchs hatte ihn am Abend vor dem Spiel gegen den Aufsteiger FC Carl Zeiss Jena ins Mannschaftshotel eingeladen und so lauschten die Spieler den Ausführungen des vom Schicksal hart Getroffenen. Fuchs wollte Czyz im September 2001 zu Fortuna Köln, wenig später musste ihm nach einem Foul in einem Testspiel ein Unterschenkel amputiert werden. Dass Czyz nicht aufgab und eine großartige Karriere als Leichtathlet startete, sollte den Spielern des WSV zeigen, wozu ein willensstarker Mensch fähig sein kann.

Damit setzten Fuchs und sein psychologisch geschulter Co-Trainer Thomas Stickroth erstmals ihr vor dem Start in die Saison ausgegebenes Leitmotiv in die Tat um: „Da wir nicht über die finanziellen Möglichkeiten der Konkurrenz verfügen, müssen wir pfiffiger sein.“ Am nächsten Tag unterlagen sie dem Aufsteiger Carl-Zeiss Jena dennoch mit 1:3. Die Saisonpremiere war missglückt. Die WSV-Fans unter den 5.054 Zuschauern im Stadion am Zoo wurden nach einer guten Saisonvorbereitung, in der es nur zwei Niederlagen gegen Wolfsburg und Bochum gab, bitter enttäuscht.

Vier von zehn Neuzugängen, darunter mit Tibor Tokody und Gustav Policella zwei Spieler mit Zweitliga-Erfahrung, liefen in der Anfangsformation auf. Von den Etablierten war überraschend Michael Stuckmann dabei, der erst vor vier Wochen am Knie operiert worden war. „Mit ihm zu beginnen, war natürlich ein Risiko. Er hatte am Anfang ein paar Probleme, danach aber weites gehend seine Zweikämpfe gewonnen. An ihm lag es nicht“, sagte Fuchs. Schon eher an den Kollegen, die das zuvor erfolgreich eingeübte Spielverständnis untereinander vermissen ließen. Von der erhofften neuen Spielkultur war nichts zu sehen. Statt dessen: gruselige Abspielfehler und eine nicht für möglich gehaltene Zweikampfschwäche.

Schon nach zehn Minuten hätte Jena mit 2:0 führen können, tat das aber erst kurz vor der Pause, als Mike Kunze traf. Policella, der sich nur wenige Chancen erspielen konnte, weil kaum einmal ordentliche Bälle in die Spitze kamen, traf nach der Pause (56.) zum Ausgleich. Der WSV schien nun mit einem druckvolleren Spiel auf dem Weg der Versöhnung. Doch dann trat Jena den Beweis für die Aussage ihres Trainers Heiko Weber an, wonach „meine Mannschaft nicht auf Halten spielen kann, sondern weiter nach vorne spielen muss“. Mark Zimmermann nahm zwei Geschenke der schläfrigen WSV-Abwehr an und ließ die knapp 400 mitgereisten Fans jubeln. „Die letzte Viertelstunde war deprimierend, als ob man einem Schlauchboot den Stöpsel rausgezogen hat“, kommentierte Fuchs. „Bei uns hat nichts gepasst. Für die Blumen, dass wir eine Regionalliga-Spitzenmannschaft sind, können wir uns nichts kaufen. Das sind wir auch nicht.“

Die Gelegenheit, die verpatzte Saisonpremiere vergessen zu machen, bietet sich für den WSV schon morgen in Kiel. „Wir werden uns jetzt schütteln und dann unser wahres Potenzial abrufen“, so Fuchs. Oder sich an Wojtek Czyz erinnern: „Trauere nicht der Vergangenheit nach, sondern setze dir neue Ziele.“