Schneller Tod im Lokalen

Die zum WAZ-Konzern gehörende Westfälische Rundschau schließt ihre Redaktionen in Warstein, Meinerzhagen und Betzdorf. Dabei beschwört die WAZ-Geschäftsführung das Potenzial der Region

VON ANDREAS WYPUTTA

Und wieder stirbt ein Stück Pressevielfalt: Die Westfälische Rundschau schließt drei ihrer 34 Lokalredaktionen. Spätestens ab Herbst werden die Leser der Rundschau in Warstein, Meinerzhagen und im siegerländischen Betzdorf auf ihren Lokalteil verzichten müssen. Grund seien mangelnde Gewinne, war aus der Essener Konzernzentrale zu hören – WAZ-Konzernsprecher Peter Klossek wollte gestern auf taz-Anfrage lediglich das Aus bestätigen: „Ja das ist so. Die drei Redaktionen werden geschlossen.“

Die Schließung angeschoben habe aber der neue Chefredakteur der Rundschau, Klaus Schrotthofer, berichten Mitarbeiter der Dortmunder Zentralredaktion: Der 37-Jährige, früher stellvertretender Chef der Berliner Zeitung und Sprecher von Ex-Bundespräsident Johannes Rau, wolle die Kompetenz seines Blattes besonders im östlichen Ruhrgebiet stärken. Die 15 Redakteure sollen deshalb aus dem Sauer- und Siegerland ins Revier versetzt werden. Dennoch soll Schrotthofer in den kommenden fünf Jahren fünf Stellen etwa durch Altersteilzeit-Regelungen abbauen müssen. Schrotthofer selbst hat nach Aussagen der Gewerkschaft Verdi Betriebsrat und Redaktionen Ende vergangener Woche informiert, aber lediglich zugesichert, dass es nicht zu betriebsbedingten Kündigungen kommen soll. Persönlich war der Chefredakteur gestern trotz mehrfacher Nachfrage nicht zu sprechen.

Die Auflage der Rundschau, die nach eigenen Angaben am Wochenende noch bei über 240.000 liegt, soll in der 16-jährigen Amtszeit von Schrotthofers Vorgänger Frank Bünte gefallen sein – das manager magazin rechnet nur noch mit maximal 190.000 verkauften Exemplaren täglich. Dennoch steht der Kurs des neuen Chefs in massivem Widerspruch zur Strategie von WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach: Noch am vergangenen Mittwoch hatte der sozialdemokratische Ex-Kanzleramtsminister die regionale und lokale Berichterstattung als das entscheidende Bonus des Mediums Zeitung gelobt. „Hier ist das Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft. Die Leute wollen etwas, was sie in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld berührt“, referierte Hombach auf Einladung des Unternehmensverbands Südöstliches Westfalen ausgerechnet am sauerländischen Möhnesee.

Schrotthofer dagegen scheint nicht mehr an das Potenzial des Sauer- und Siegerlands zu glauben: Zuletzt verkauften die drei von der Schließung bedrohten Lokalteile nach Verdi-Informationen insgesamt nur noch 2.400 Exemplare. Im märkischen 23.000-Einwohner-Städtchen Meinerzhagen sollen täglich 750 Zeitungen abgesetzt worden sein. Stattdessen setzt der Rundschau-Chef nun voll auf das östliche Ruhrgebiet, etwa den Raum Unna, wo die hauseigene Konkurrenz der WAZ traditionell schwächelt – eine Kampfansage auch an die im Dortmunder Verlag Lensing-Wolff erscheinenden Ruhr-Nachrichten. „Wirtschaftliche Interessen stehen vor publizistischen Grundsätzen“, kritisiert Udo Milbret, NRW-Vorsitzender der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union. „In der Region geht Pressevielfalt verloren.“