US-Senat schützt Waffenindustrie vor Opfern

Schusswaffenhersteller in den USA sind künftig vor Schadenersatzklagen sicher. Opfer verlieren letzte Handhabe

BERLIN/WASHINGTON taz/dpa ■ Der US-Kongress stellt sich einmal mehr hinter die heimische Waffenlobby. Der Senat verabschiedete am Freitag fast mit Zweidrittelmehrheit ein Gesetz, das Waffenhersteller und -händler vor Schadenersatzklagen von Schusswaffenopfern oder deren Angehörigen schützt. Die Waffenhersteller können demnach nicht dafür haftbar gemacht werden, was mit ihren Produkten angerichtet wird. Dass sich das Repräsentantenhaus dieser Entscheidung anschließen wird, gilt als sicher.

Da in den USA Verkauf und Tragen von Schusswaffen anders als in Deutschland kaum durch Gesetze eingeschränkt werden, waren die direkten Schadenersatzklagen oft der einzige Weg, Druck auf Hersteller und Händler auszuüben.

So hatten die Familien von acht Opfern der Heckenschützen, die vor zwei Jahren die Umgebung von Washington unsicher machten, den Hersteller und den Verkäufer des dabei verwendeten Bushmaster-Gewehrs verklagt. Aus dem Laden waren zuvor schon mehr als 200 Waffen verschwunden, was Bushmaster jedoch nicht davon abhielt, das Geschäft weiter zu beliefern. Der Fall endete mit einem Vergleich: Die Kläger erhielten 2,6 Millionen Dollar.

Nun sei endlich Schluss mit „politisch motivierten räuberischen Klagen“, jubelte nach der Senatsentscheidung die National Rifle Association (NRA), der mächtige Verein der Waffenfans, gegen den in den USA keine Politik gemacht werden kann. Fast die Hälfte der amerikanischen Wähler besitzt selbst Waffen.

Der republikanische Fraktionschef im Senat, Bill Frist, begründete das Gesetz zum Schutz der Waffenindustrie damit, dass „frivole Klagen“ sonst zum Bankrott der Branche führen würden. Schadenersatzurteile können in den USA teuer werden, weil meistens ein dicker Aufschlag als Strafzahlung dazukommt.

Die Waffenlobby hatte die Republikaner im Wahlkampf 2004 mit 1,2 Millionen Dollar unterstützt. Die Aktien des Gewehrherstellers Smith & Wesson schossen nach der Entscheidung um 25 Prozent in die Höhe. Mit dem neuen Gesetz wird auch denjenigen US-Kommunen und Bundesstaaten das Wasser abgegraben, die Maßnahmen gegen den Waffenfanatismus ergreifen wollten.

Da sich Gesetze gegen den freien Verkauf und Besitz von Waffen aller Art nicht durchsetzen ließen und selbst das unter Präsident Bill Clinton verhängte zeitweilige Verbot von automatischen Sturmgewehren nicht verlängert wurde, setzten mehrere Städte und Staaten auf den juristischen Weg. Sie verklagten die Waffenindustrie auf Schadenersatz für die Kosten, die durch die medizinische Versorgung der Schusswaffenopfer entstehen. Diese Art, die Waffenproliferation zu bekämpfen, ist nun unmöglich geworden. LIEB