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berliner szenenBlut spenden, ein Ereignis

Die Linie, die jemand mit Klebeband auf die Pflastersteine geklebt hat, ist blutrot und führt in ein Backsteingebäude. Auf einem laminierten Blatt an der Wand steht „Vollblutspende“. Warnungen vom DRK haben mich hergebracht: wegen der geringen Spender*innenzahl in der Coronakrise wären bald die Blutreserven aufgebraucht.

Darum also sitze ich in einem kargen Seitenflügel der Charité, die sogar 20 Euro für mein Blut bietet. Wegen der Ansteckungsgefahr müssen die Spender*innen in großem Abstand im Haus verteilt warten. Und doch: ich habe lange nicht mehr so viele Menschen gesehen. Es ist seltsam still, aber die Leute scheinen ihre Bedürfnisse nach sozialem Kontakt gierig zu befriedigen – wenn nicht mit Worten, dann zumindest mit Blicken. Eine junge Frau lugt immer wieder in den Flur, in dem ich warte. Im Vergleich zur öden Selbstisolation ist das hier ein richtiges Event! So begucken wir uns, als säßen wir an einem Freitagabend an der Bar. Ab und zu kommen gehetzte Krankenpfleger*innen vorbei, murmeln Unverständliches durch ihren Mundschutz und erinnern uns daran, dass wir in einem Krankenhaus sind, das sich auf den Versorgungsnotstand vorbereitet.

Während ich einen engagiert wirkenden Mittfünfziger mit Jack-Wolfskin-Rucksack und Fahrradklamotten betrachte und mich frage, ob das der Prototyp des deutschen Blutspenders ist, werde ich hereingebeten. Bald habe ich eine dicke Nadel in der Armbeuge und fühle mich ein bisschen wie an einer Tankstelle, nur umgekehrt. Als ich fertig bin, wird mir schwummrig. Während der fünf Minuten „Liegenbleiben“, die ein herbeigeeilter Arzt verordnet hat, fange ich an, zu simsen. Als mir die routinierte Schwester den Geldschein in die Hand drückt, sagt sie: „Am Handy spielen geht immer, was?“ Anselm Denfeld

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