Terror – „als Show“

von RALF SOTSCHECK

Die Attentäter, die vorvergangenen Donnerstag die fehlgeschlagenen Anschläge auf drei Londoner U-Bahnen und einen Bus durchführten, wollten nicht töten, soll Hussain Osman gesagt haben. Der 27-Jährige ist am Freitagabend in Rom verhaftet worden, nachdem die britische Polizei seine Spur über das Mobiltelefon seines in Italien lebenden Bruders verfolgen konnte, das Osman benutzt hatte. „Wir wollten einen Anschlag durchführen, aber nur als Show“, soll Osman der italienischen Staatsanwaltschaft gesagt haben. „Wir wollten die Leute nur erschrecken.“

Osman ist fünf Tage nach den Anschlägen mit dem Eurostar durch den Kanaltunnel nach Paris und dann weiter nach Mailand und Rom gereist. Er wurde als Letzter der vier mutmaßlichen Attentäter gefasst. Wenige Stunden zuvor hatte die Polizei nach der Belagerung einer Wohnung in Westlondon Osmans mutmaßliche Komplizen Muktar Said-Ibrahim und Ramsi Muhammad festgenommen. Yasin Hassan Omar aus Somalia war ihr bereits am Mittwoch in Birmingham ins Netz gegangen.

Ein fünfter Mann, Wahbi Muhammad, der Bruder von Ramsi, ist am Freitag in London verhaftet worden. Die Polizei vermutet, dass er zu den Attentätern gehörte, es sich jedoch anders überlegte und seine Bombe in der Straße Little Wormwood Scrubs in einem Gebüsch versteckte.

Die Gruppe habe häufig über den Krieg im Irak diskutiert, soll Osman in Italien ausgesagt haben. „Wir hatten immer neue Filme über den Irakkrieg“, habe er gesagt. „In den meisten konnte man irakische Frauen und Kinder sehen, die von britischen und US-Soldaten getötet worden waren.“ Das habe ein Gefühl des Hasses ausgelöst und zu der Überzeugung geführt, dass es notwendig sei, ein Signal zu setzen. „Ich weiß kaum etwas“, soll er bei seiner Vernehmung gesagt haben. „Sie gaben mir lediglich einen Rucksack, den ich in die U-Bahn in London tragen sollte.“ Wer gab ihm den Sprengstoff? „Ich kannte ihn nicht.“

Die Mailänder Tageszeitung Corriera della Sera berichtet die Geschichte etwas anders. Osman habe ausgesagt: „Wir sollten uns selbst in die Luft jagen.“ Er und seine Komplizen hatten keinen Kontakt zu al-Qaida oder Ussama Bin Laden, behauptet Hussain. „Wir wussten, dass es al-Qaida gab, wir haben ihr Programm im Internet gelesen, aber keinen direkten Kontakt“, sagte er laut Corriera della Sera. Die Anschläge vom 7. Juli haben ihn überrascht. „Wir hatten keinen Kontakt zu den Pakistanis“, sagte Hussain. Es sei jedoch eine Art Aufruf zum Handeln gewesen. „Unser Boss zeigte uns, wie man Sprengstoff aus Düngemitteln herstellt“, sagte er. Den Sprengstoff habe er in einen Rucksack gepackt und einen Zeitzünder angeschlossen.

Die britische Polizei glaubt ihm, dass sich die beiden Terrorgruppen nicht kannten. Während am 7. Juli bei der ersten Anschlagserie 56 Menschen starben, zündeten die Bomben zwei Wochen später nicht, so dass niemand verletzt wurde. Die Polizei vermutet aber, dass beide Gruppen von ein und derselben Person rekrutiert und eingesetzt wurden. Dieser „Mastermind“, so befürchtet die Polizei, ist noch in Großbritannien und plant weitere Anschläge. Deshalb werden in dieser Woche die Sicherheitsvorkehrungen erheblich verstärkt. Vielleicht kommen die Anschläge ja im Zwei-Wochen-Rhythmus, sagte ein Polizeisprecher. Dann wäre am Donnerstag wieder einer fällig.