: Heuschrecken vor der Tür
Das Bürgerforum / Neue Wege übt in Delmenhorst Kapitalismuskritik nach der Devise: global denken – lokal handeln. Anlass ist eine Anzeige der Stadtwerke, auf der eine Ampel abgebildet ist
Von Daniel Wiese
„Achtung! Wiederholt falsche Darstellung“, warnt das Bürgerforum / Neue Wege in Delmenhorst bei Bremen. Die Stadtwerke hatten im Kreisblatt eine Anzeige geschaltet, auf der eine Ampel zu sehen ist und außerdem das Logo der Stadtwerke. Das Problem: die Stadtwerke Delmenhorst sind eine private GmbH, für die Ampeln sind sie gar nicht zuständig. Die gehören nach wie vor der Stadt.
Auf den ersten Blick mag das Schicksal der Delmenhorster Ampeln ein Problem von nachrangiger Bedeutung sein. Allerdings gab es vor zwei Jahren schon einmal Streit in Delmenhorst. Damals wurde die städtische Kanalisation verkauft – an die Stadtwerke GmbH. Die Stadtwerke mussten dafür einen Kredit aufnehmen, und wer bezahlt den letztlich? „Wir Nutzer müssen den Kapitalzins bedienen und die Provision für den Kredit an die Stadt abgeben“, analysiert das Bürgerforum / Neue Wege. Denn: „All diese Gelder werden uns mit der Abwassergebühr abgezogen.“
Die Ampel-Anzeige der Stadtwerke nährt beim Bürgerforum die Befürchtung, dass sich der Vorgang von damals wiederholt, diesmal bei den Ampeln und Straßenlaternen, die den städtischen Verkehrsbetrieben gehören. Noch. „Kein Verkauf der Straßenbeleuchtung!“, fordert darum das Forum. Passieren würde nämlich folgendes: „Bei einem Verkauf würden andere die Gewinne einstreichen, die wir Bürger bezahlen müssten.“
Die Bürger bezahlen, die privatisierten Stadtwerke streichen die Gewinne ein. Für ein Forum, dass bei den Montagsdemonstrationen mitgemacht hat, ist das keine akzeptable Vorstellung. Zwar gehört die Stadtwerke GmbH noch immer zu 100 Prozent der Stadt, doch das Bürgerforum denkt weiter. „Irgendwann werden die Stadtwerke weiter verkauft“, sagt Eva Sassen, die Sprecherin des Bürgerforums. Das wiederum habe mit dem Welthandelsabkommen GATS zu tun.
Was es mit diesem Abkommen auf sich hat, hat Eva Sassen schon bei dem Streit um die Delmenhorster Kanalisation vor zwei Jahren erklärt, und sie erklärt es gerne wieder: „Alles, was einmal privatisiert wurde, ist für immer privatisiert.“ Die Kanalisation ist schon weg, nie wieder kann die Stadt sie zurückkaufen. „Ampeln und Straßenlaternen gehören uns“, sagt Eva Sassen und fordert die Umstellung auf Solarzellenbetrieb, „damit wir in Zukunft keine Energiekosten bezahlen müssen und dennoch die Straßen beleuchtet bleiben.“
Auch die Stadtwerke GmbH könnte auf Solarzellen umrüsten, aber wohin gehen dann die Profite? „Irgendwann werden die Stadtwerke verkauft“, da ist sich Eva Sassen sicher, siehe Welthandelsabkommen GATS. Energiekonzerne wie EWE würden nur darauf warten, sagt die Sprecherin des Bürgerforums, und dann wäre natürlich nichts mehr mit kostenloser Beleuchtung.
Die Delmenhorster Stadtwerke GmbH äußert sich zu diesen Befürchtungen derzeit nicht. „Bei Frau Sassen sind wir sehr vorsichtig“, sagt Pressesprecher Jürgen Bruns. Eva Sassen aber will weiterkämpfen. Nächstes Jahr tritt das Bürgerforum / Neue Wege in Delmenhorst zur Kommunalwahl an.