Nie in die Ämter gedrängt

Er könne „auch ohne Mandat Verantwortung übernehmen“, sagte Jost de Jager nach der Wahl in Schleswig-Holstein. Die hatte den CDU-Spitzenkandidaten in eine seltsame Lage gebracht: Da alle Sitze für seine Partei direkt gewählten Abgeordneten zufielen, blieb keiner für die Nummer eins der Landesliste – de Jager, gelernter Journalist und unter der schwarz-gelben Vorgängerregierung Wirtschaftsminister, stand plötzlich ohne Job da. CDU-Vorsitzender aber wollte er bleiben.

Gestern nun kam das Gerücht auf, er werde das Ehrenamt niederlegen. Angeblicher Grund laut Medienberichten: die Frage, ob er sich einer Kampfabstimmung um einen Wahlkreis für die kommende Bundestagswahl stellen muss. Vor der Sitzung des CDU-Landesvorstandes gestern Abend sagten Mitglieder, es gebe keine Rücktrittsdrohung. Der Vorstand wolle de Jager das Vertrauen aussprechen.

Dass der 47-Jährige einen Sitz im Bundestag anstrebt, ist erst seit wenigen Tagen bekannt. Parteifreunde begrüßten den Schritt: Damit könne die Erneuerung der CDU nach der Wahlniederlage beginnen, befand die Junge Union. De Jager hat angekündigt, die Probleme analysieren und anpacken zu wollen.

Dabei hat er sich nie in Ämter gedrängt: Spitzenkandidat und Parteichef wurde er, als die CDU eilig Ersatz für ihren früheren Kronprinzen Christian von Boetticher brauchte, nachdem dessen Beziehung zu einer 16-Jährigen bekannt geworden war. Dem Landtag gehört er seit 1996 an. Unter der großen Koalition war er Staatssekretär.

De Jager stammt aus Rendsburg, wo er heute mit Frau und Tochter wohnt. Er studierte in Kiel Geschichte, Englisch und Politik und volontierte beim evangelischen Pressedienst. Er gilt als verlässlich, faktensicher und etwas spröde. So blieb er in den Beliebtheitswerten stets hinter Torsten Albig von der SPD zurück, und das Top-Thema der Union, der Haushalt, kam nicht gegen die Wechselstimmung im Land an: Die CDU wurde hauchdünn stärkste Partei, für den Sieg aber reichte es nicht. EST