Keine Abdrücke für die Polizei

JUSTIZ Weil er in einem linken Vierteil wohnt und mal Burschenschaftler angriff, sollte ein Göttinger Student erkennungsdienstlich erfasst werden. Das Oberverwaltungsgericht sah das jetzt anders

Wohnen in einem linken Wohnprojekt ist kein Grund für eine erkennungsdienstliche Behandlung. Zu diesem Schluss ist inzwischen das niedersächsische Oberverwaltungsgericht gekommen. Die Lüneburger Richter lehnten damit einen Berufungsantrag der Polizeidirektion Göttingen ab. Diese wollte Fotos, Finger- und Handabdrücke eines 24-jährigen Studenten sammeln. Begründet wurde der Antrag unter anderem mit dem Wohnort des Studenten – er sei ein Hinweis auf zukünftige Straftaten.

Hintergrund ist ein Fall von Körperverletzung im Dezember 2009: In der Göttinger Innenstadt hatte sich der Mann mit Mitgliedern einer Burschenschaft gestritten und ihnen Pfefferspray ins Gesicht gesprüht. All das in der Nähe seiner Wohnung, einem linken Wohnprojekt in der Roten Straße.

Wegen seines Wohnortes geht die Polizei davon aus, „dass der Kläger dem zumindest in Teilen radikalen Göttinger linken Spektrum zuzuordnen ist“. Neben den Tatumständen deute dies auf eine „extreme politische Gesinnung“ hin. Der 24-Jährige wollte den Beamten zufolge eine „No-Go-Area“ für Konservative und Rechte in der Roten Straße schaffen, auch von einer „befreiten Zone“ ist die Rede. Die polizeiliche Prognose erwartet deswegen weitere Angriffe auf Verbindungsstudenten.

Das Gericht hingegen stellte fest, dass weder die Tat an sich noch der Wohnort auf eine Wiederholungsgefahr schließen lassen. Zudem sei der 24-Jährige zuvor noch nie straffällig geworden. Sein Verhalten nach der Tat deute nicht darauf hin, dass er erneut Verbindungsstudenten angreifen könnte.

Der 24-Jährige hatte die Pfefferspray-Attacke bereits 2011 gestanden und sich bei den Opfern entschuldigt. Er wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Nachdem die Polizeidirektion Göttingen dennoch auf Fotos, Finger- und Handabdrücken bestand, schaltete er das Göttinger Verwaltungsgericht ein. Die Richter lehnten im Januar dieses Jahres die erkennungsdienstliche Behandlung ab und schlossen Rechtsmittel aus. Vor dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg ging es nun darum, ob überhaupt ein Berufungsverfahren möglich ist. JAKOB EPLER