Mord, Folter und Hinrichtungen alltäglich

SYRIEN Die schlimmsten Übeltäter gegenüber der Zivilbevölkerung stammen aus den Reihen des Regimes. Doch auch Verbände der Opposition sind alles andere als unschuldig. Bericht beruht auf Zeugenaussagen

AUS GENF ANDREAS ZUMACH

Alle Konfliktgegner im syrischen Bürgerkrieg morden, foltern und richten Menschen willkürlich hin, doch die mit Abstand schlimmsten und meisten Bluttaten begeht nach Überzeugung von Ermittlern das Assad-Regime. Das erklärte die vom UNO-Menschenrechtsrat in Genf berufene Expertenkommission für Syrien in einem am Mittwochabend vorgelegten Bericht.

Offenbar auf Anordnung von „höchster Stelle“ in Armee, Sicherheitsdienst und Staat würden Regierungstruppen und die mit ihnen verbündeten Schabiha-Milizen zielgerichtet Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehen. Systematisch werde dabei das humanitäre Völkerrecht mit Füßen getreten.

Das Gremium legte dem Rat in Genf seinen 102 Seiten umfassenden Bericht zur Entwicklung in Syrien seit Ausbruch des bewaffneten Konflikts vor. Darin kommen die Experten auch zu dem Schluss, Regierungstruppen und Schabiha-Banden seien für das Massaker in der Region Hula am 25. Mai mit mehr als 100 Toten verantwortlich – fast die Hälfte der Opfer waren Kinder. Bisher hatten die Ermittler nur erklärt, es gebe entsprechende Verdachtsmomente. Insgesamt habe sich die Menschenrechtssituation in Syrien infolge des seit Februar 2012 weiter eskalierenden Bürgerkrieges dramatisch verschlechtert, stellt der Bericht fest. Die blutigen Kämpfe hätten sich auf immer weitere Teile des Landes ausgedehnt. Die vor allem von Regierungstruppen begangenen Kriegsverbrechen umfassten willkürliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung in Städten und Dörfern. Zudem würden Regierungskämpfer immer wieder Sexualverbrechen begehen.

1.062 Befragte

Die Kommission weist aber klar darauf hin, dass Kriegsverbrechen – darunter Morde, willkürliche Tötungen und Folter – auch von Rebellen begangen würden. „Diese Verletzungen und Missbrauchsfälle waren allerdings nicht derart schwer, anhaltend und umfangreich wie jene, die von den Regierungskräften und der Schabiha begangen wurden“, heißt es in dem Bericht.

Der Bericht beruht auf Aussagen von 1.062 Zeugen und Betroffenen, die zwischen dem 15. Februar und 20. Juli 2012 befragt wurden. Die Kommission kritisiert, dass die Regierung in Damaskus ihr keine Möglichkeiten zu Untersuchungen in den Konfliktzonen gegeben habe. Eine vertrauliche Liste mit Personen und bewaffneten Gruppen, die für die Taten verantwortlich gemacht werden, soll im September an die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay übergeben werden.