„Wir sind das Salz in der Suppe“

Kleine Parteien fühlen sich durch die vorgezogene Neuwahl benachteiligt. „Vielleicht ist das politisch so gewollt“, sagt der Hagener Udo Ily, Mitglied im Bundesvorstand der Tierschutzpartei

INTERVIEW: KLAUS JANSEN

taz: Herr Ily, was war Ihr erster Gedanke, als Bundeskanzler Schröder am 22. Mai Neuwahlen ausgerufen hat?Udo Ily: Meinen ersten Gedanken mag ich hier lieber nicht wiedergeben.

Wie bitte?Ich habe das als sehr, sehr gemein empfunden. Ich wusste genau, was auf unsere Partei zu kam. Wir müssen jetzt 2.000 Unterstützungsunterschriften sammeln, dazu 200 Unterschriften für die DirektkandidatInnen. Die müssen wir erst vom Kreiswahlleiter beglaubigen lassen, danach wieder abholen, dann nach Düsseldorf zur Landeswahlleiterin bringen – und das alles bis zum 15. August um 18 Uhr. Sie können sich vorstellen, was das für eine Arbeit ist.

Werden Sie es schaffen, überall anzutreten?Nicht in allen Bundesländern. In Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen sieht es ganz gut aus. In den ostdeutschen Bundesländern haben wir keine Chance.

Sie hatten überlegt, gemeinsam mit anderen kleinen Parteien gegen die Neuwahl vor dem Bundesverfassungsgericht zu klagen. Warum?Die kleinen Parteien sind bei Wahlen das Salz in der Suppe. Man hätte wenigstens auf die Unterstützungsunterschriften verzichten sollen. Denn jetzt können einige Parteien überhaupt nicht antreten. Aber vielleicht ist das ja auch so gewollt: Man nimmt dem Wähler so die Chance einer Proteststimme.

Sie haben letztlich trotzdem keine Klage eingereicht.Aus rein finanziellen Gründen. Auf uns wären Kosten in Höhe von 3.000 bis 10.000 Euro zugekommen. Aber moralisch unterstützen wir die Klagen der Anderen natürlich.

Bundespräsident Horst Köhler hat die Neuwahlentscheidung auch damit begründet, dass sich unser Land in einer Ausnahmesituation befindet. Wenn man Köhler zuhört, bekommt man ja Angst um Deutschland. Ich glaube nicht, dass es uns wirklich so schlecht geht.

Wie wird nun Ihr Wahlkampf aussehen? Wie hoch ist Ihr Etat?Wir haben keinen Wahlkampfetat. Wenn wir viel Glück haben, können wir bundesweit 3.000 Euro für Wahlkampfmittel aufbringen.

Gibt es Fernsehspots?Die öffentlich-rechtlichen Sender sind ja zum Glück verpflichtet, auch Spots von kleinen Parteien zu bringen. Unser Spot ist zwar leider schon sechs Jahre alt, aber er wird laufen. Dazu werden wir Wahlkampfstände machen und auch ein paar Plakate kleben.

Es ist vorauszusehen, dass Sie nicht in den Bundestag einziehen werden. Warum treten Sie dennoch an?Weil wir ganz klare Ziele verfolgen. Die Tierrechte, aber auch der Kampf für Alte und sozial Schwache. Denen wollen wir eine Stimme geben – das macht sonst keiner. Das beste Beispiel, wie man Tiere und Menschen zusammen bringen kann, sind die Altenheime: Ich verstehe nicht, weshalb man in fast keinem deutschen Altenheim Haustiere mitbringen darf. Wäre das erlaubt, hätten die BewohnerInnen einen Gesprächspartner, der sich ihre Sorgen anhört.

Bei der letzten Bundestagswahl haben Sie 0,4 Prozent erreicht. Ab 0,5 Prozent bekämen Sie zumindest Wahlkampfkostenrückerstattung. Ist das Ihr Ziel?Ich wäre ein Phantast, wenn ich dran glauben würde. 2002 konnten wir ja noch in allen Bundesländern antreten. Aber dieses Mal werden wir ein fürchterliches Ergebnis bekommen.