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das portraitPolitikprofessor Mario Voigt soll die Thüringer CDU wieder einen

Foto: Bodo Schackow/dpa

Mitte November sitzt Mario Voigt auf einem Panel in der Bundespressekonferenz, es soll um das Verhältnis von PolitikerInnen und JournalistInnen in Zeiten digitaler Kommunikation gehen. Die Moderatorin stellt den CDU-Politiker als Experten dafür vor und sagt: Er sei ja kein Name, „den man sofort kennt“.

Das könnte sich nun ändern. Am Montag hat die CDU im Thüringer Landtag Voigt zu ihrem neuen Vorsitzenden und zum Nachfolger von Mike Mohring gewählt. 15 der 21 Abgeordneten stimmen für ihn, einen Gegenkandidaten gab es nicht. Voigt, 43, Professor für Politikwissenschaft, ist es also, der die Fraktion durch eine schwierige Gemengelage steuern muss: Er muss dafür sorgen, dass Bodo Ramelow am Mittwoch zum Ministerpräsidenten gewählt wird, aber gleichzeitig die Erzählung aufrechterhalten, die CDU-Fraktion stimme nicht für einen aus der Linkspartei, wie es ein Unvereinbarkeitsbeschluss der Partei vorsieht. Er muss es schaffen, dass die CDU zu ihrer Stabilitätsvereinbarung mit Rot-Rot-Grün steht und doch bei ihrem Narrativ bleibt, sie toleriere die Regierung nicht. Und das mit einer gespaltenen Fraktion, die seit der Landtagswahl im Oktober nur noch die drittgrößte im Landtag ist.

Voigt ist CDU-Mann durch und durch. Er ist schon mit 17 in die Partei eingetreten, war der erste ostdeutsche Bundesvorsitzende der Studentenorganisation RCDS und fünf Jahre lang Chef der Jungen Union in Thüringen. Seit 2009 sitzt er im Erfurter Landtag. Christine Lieberknecht, Parteichefin und Ministerpräsidentin, holte ihn 2010 als Generalsekretär. Spätestens aus dieser Zeit rührt eine Feindschaft mit Mohring, der damals Lieberknecht in einem Machtkampf unterlag. Seit 2014 ist Voigt auch stellvertretender Landesvorsitzender.

Doch Voigt ist keiner, der aus der Thüringer CDU nicht rausgekommen ist: Er hat als Kommunikationsexperte für Siemens in Brüssel, die CDU in Berlin und die Konrad-Adenauer-Stiftung in Washington gearbeitet. Seit 2017 ist er Professor für digitale Transformation an der privaten Quadriga Hochschule in Berlin. Er hat die CDU im Bundestagswahlkampf 2017 beraten und war für den Digitalwahlkampf von Manfred Weber als Spitzenkandidat der EVP bei der Europawahl verantwortlich.

Voigt ist einer der vier CDU-Abgeordneten, die – nach der fatalen Wahl eines FDP-Mannes mit den Stimmen der AfD und dessen Rücktritt – mit Rot-Rot-Grün einen Ausweg aus der Misere suchten und schließlich einen Deal aushandelten. Im Thüringer Landtag hört man, dass Voigt einer in der CDU sei, der klar zur Abgrenzung von der AfD stehe. Es wird auch vermutet, er könnte einer derer sein, die schon am 5. Februar für Ramelow gestimmt hatten. Dieser hatte im zweiten Wahlgang zwei Stimmen mehr bekommen, als Rot-Rot-Grün hat. Hinzu kam eine Enthaltung.

„Heute ist hoffentlich der erste Tag von besseren Zeiten und der letzte Tag von Selbstbeschäftigung“, sagte Voigt nach seiner Wahl. Ob ausgerechnet ein Politikprofessor aber die desolate Thüringer CDU einen kann, muss er erst noch beweisen. Sabine am Orde

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