wortwechsel
: Corona: Panikmache? Präzedenzfall? Politikum!

Ist der Ernstfall einer Pandemie eingetreten? Oder wird überreagiert? Ist Corona auch ein willkommenes Ablenkungsmanöver von anderen Krisen? Übungsfeld für Kontrollwünsche?

Unterwegs in Schanghai ... Foto: Aly Song/reuters

„Zehn wichtige Fragen zum Corona-

virus. Wie heftig wird es?“,

taz vom 29. 2./1. 3. 20

Desinfektionsmittel

In Frage sechs heißt es: „Je höher der Alkoholgehalt (bei Desinfektionsmitteln), desto wirkungsvoller.“ Ich weiß nicht, wer auf diese Behauptung gekommen ist, aber sie ist falsch. Mit 20 bis 35 Prozent Wasser hat Alkohol (Ethanol/Isopropanol) sein Desinfektionsmaximum (Denaturierung) erreicht. Bei höherer Konzentration nimmt dieser Effekt wieder ab. Sterillium Virugard enthält in der Tat 99 Prozent Alkohol entgegen den meisten anderen Mitteln. Jedoch enthält es noch weitere Zusätze. Da es als Handdesinfektionsmittel angewandt werden soll, sind die Hände bei 99 Prozent Alkohol einfach schneller trocken als bei 70 Prozent. Warum schreibe ich das? Weil Desinfektionsmittel derzeit annähernd ausverkauft sind und Nachbarn mich als Arzt fragten, „ob man sich das nicht selbst mixen könne“. Dies wird in Zukunft häufiger passieren. Vielleicht mögen Sie dies gegebenenfalls nachrecherchieren und entsprechend ändern oder den Satz einfach erst einmal streichen. In unser alle Sinne: Danke. Normann Günther, Kassel

Der Virushype

Die Fragen lauten doch: Wer verdient an diesem Virus, an den Eilmeldungen über jeden neuen Einzelfall? Warum werden die Grippetoten nicht genannt? Weil daran die Pharmaindustrie nicht mehr verdienen kann? Welche anderen Themen werden mit diesem Virushype an die Seite gedrängt? Und wer lenkt das Verdrängen der Themen Rassismus, Hass, Klima- und Umweltschutz, Bildungsmisere ...

Wer arbeitet da mit wem zusammen? Medien, Pharmaindustrie, Politiker – wer sind die Regisseure dieses Nebenschauplatztheaters? Jutta Geilenkichen, Bonn

„Müssen wir sterben?“

Liebe taz, wenngleich ich den sachlich-pragmatischen Umgang mit der Berichterstattung zur Ausbreitung einer weiteren Viruserkrankung, die uns zukünftig begleiten wird, auch schätze – gleich die erste der zehn wichtigen Fragen dazu falsch zu beantworten war nicht nötig. Denn eigentlich recherchiert ihr besser! Auch darum lese ich euch seit Jahrzehnten. Aber die einzig richtige Antwort auf die Frage „Müssen wir alle sterben?“ ist: Ja. Wenn euer Nein gegen Panikmache hilft, umso besser. Ansonsten herzliche Grüße und einen weiterhin schönen Weg in Richtung Sterben. Axel Weuster, Köln

Kreuzfahrt-Quarantäne

„Der Umgang mit Corona schafft Vertrauen“, taz vom 29. 2./1. 3. 20

Panik und Hysterie sind nie gute Ratgeber. Ursache dafür ist nicht zuletzt, dass viele Mitmenschen verlernt haben, solidarisch zu denken und zu handeln. Schließlich ist Covid-19 kein persönlicher Angriff, sondern eine Pandemie, die alle trifft (wie die Klimakatastrophe!). Ärgerlich dabei, dass der Nachbar/die Nachbarin uns bei persönlicher Begegnung anstecken kann, sodass wir uns noch mehr isoliert fühlen. Auch die Medienvielfalt tut ihr Übriges. Wo gibt es ausführliche, verlässliche Informationen, wenn selbst der Hausarzt keine Zeit mehr hat (in der Kirche?) und nur noch Überschriften eine Rolle spielen? Es gibt Fortschritte: Nachdem in der Vergangenheit „Aida“-Probleme (Marseille, Palma) medial eher verschwiegen wurden (außer in der Touristik-Fachinformation), lassen sich Probleme auf Kreuzfahrten nicht mehr kleinschreiben: Jetzt wurde bekannt, dass eine „Aida“ in Norwegen festsitzt, weil in Hamburg letzte Woche ein positiv getesteter Passagier an Bord gegangen war. Gerade sollte in Kiel ein neues Terminal feierlich eröffnet werden – nun wurde das Ereignis stillschweigend beerdigt ... Dietmar Rauter, Kronshagen

Corona schützt Klima

„Mit Kommunikation gegen Corona“,

taz vom 3. 3. 20

Der Kampf gegen den Klimawandel geht doch. Warum? Das Coronavirus führt in China zum Rückgang der Luftverschmutzung, weil dort die Industrieproduktion und der Autoverkehr drastisch zurückgehen. Müssen wir uns jetzt zwischen Coronavirus und Klimawandel entscheiden – sozusagen zwischen Pest und Cholera? Sind wir nicht alle ein bisschen Corona?

Roland Klose, Bad Fredeburg

Gelassenheit erlaubt

„Das dünne Eis der Zivilisation“,

taz vom 3. 3. 20

Die Medien überschlagen sich mittlerweile fast stündlich mit den neuesten Hiobsbotschaften zu diesem Thema. Dabei hätten gerade die EU-Staaten mit ihren hoch entwickelten Gesundheitssystemen Grund zur absoluten Gelassenheit.

Claus Reis, Schwabach

Mehr Krankenhäuser

„Mehr Betten, mehr Ruhe“,

taz vom 28. 2. 20

Wer denken kann, dem wird in diesen Tagen schlagartig verständlich, dass der Krankenhaus-Schließungswahn kontraproduktiv ist. Jedem verantwortlichen Gesundheitspolitiker muss klar sein, dass die Schließung von Krankenhäusern und die Versorgung in wenigen Großkrankenhäusern eine Krise nicht regelbar machen würden. So gesehen besteht die Aufgabe des Krisenstabs auch darin, die Gefahren für Infektionen zu verhindern und zum Beispiel das Krankenhaus Ottweiler nicht zu schließen. So unterbricht man Infektionsketten. Mit der Schließung kleinerer Krankenhäuser auf dem Land würden Kapazitäten abgebaut, die zum Beispiel für die Quarantäne infizierter Corona-Patienten notwendig sind. Gleichzeitig zur Quarantäne müssen ja auch symptomatisch Erkrankte adäquat behandelt werden. Ferner muss die Versorgung der nicht betroffenen Bevölkerung weiter gewährleistet sein. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat nach der Ebola-Epidemie festgehalten, dass nur Länder mit guter regionaler Gesundheitsinfrastruktur den Ebola-Ausbruch schnell eindämmen und die Opferzahlen gering halten konnten.

Michael Quetting, Saarbrücken, Verdi-Pflegebeauftragter