wortwechsel
: Mehr Polizei, mehr Härte des Rechtsstaats?

Hetze im Internet, beim Fußball, im Inland wie im Ausland. Es reicht! Politik und Gesellschaft müssen mit höchster Priorität den Hebel umlegen!

Mahnwache für die Opfer in Hanau Foto: R. Murmann/Future Image/snapshot

Ideen gegen den Hass

„Was hilft gegen den Hass?“, taz vom 27. 2. 20

Mehr Polizei, mehr Härte des Rechtsstaates, damit schützen wir die Demokraten, beseitigen aber nicht die tief verwurzelten Vorurteile der Rassisten. Die Zeit bis zu deren Wegsterben müssen wir mit Anstand und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen überstehen. Sie muss vor allem genutzt werden, das Auseinanderdriften der Klassen abzubauen, wenn nicht zu beseitigen: vorzügliche bauliche, organisatorische und personelle Ausstattung der Kindergärten und Kindertagesstätten, dasselbe in den Schulen der öffentlichen Hand (neben Pädagogen mehr Psychologen, bildende Künstler, Musiker, Schauspieler, Philosophen, Gärtner, Bauern), und zwar besonders in den sogenannten Problemzonen und dergestalt, dass alle Eltern den segregierenden Montessori-, Waldorf- und Privatschulen sowie Konfessionsuniversitäten den Rücken kehren.

Die Wiedereinführung der Wehrpflicht für eine strukturell nicht angriffsfähige Landesverteidigungs-Bundeswehr wäre zu diskutieren. Auch ein soziales Pflichtjahr, bevorzugt im weniger gut dastehenden Südosten Europas, könnte helfen, rassistische Vorbehalte zu minimieren. Und viele Ehen über alle Grenzen hinweg: Make love, not war. Peter Bethke, Eutin

„Bitte bleiben Sie!“

„Ich bin kein Opfer“, taz vom 25. 2. 20

Liebe Frau Sahebi, mich hat Ihr Essay tief beeindruckt. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie und alle, die anders aussehen, als die AfD-Leute und die noch Rechteren, in Deutschland bleiben würden. Denn nicht Sie sind anders, sondern die Nazis. Ich würde mich noch mehr freuen, wenn in der deutschen Politik deutsche Juden, deutsche Christen, deutsche Muslime, deutsche Atheisten etc. vertreten wären. Aber das ist vermutlich nur ein Traum von mir. Und Sie haben recht, diese Anschläge von rechts, die es ja schon immer gegeben hat, betreffen uns alle, alle Deutschen. Und wenn ich schon wieder höre, dass Juden zu viel Einfluss hätten, da bekomme ich wahrhaftig die Krise, wenn es nur so wäre. Bitte bleiben Sie in Deutschland.

Eva-Maria Dickehut, Bad Teinach-Zavelstein

Der Terror unter uns

„Das Fragezeichen“, taz vom 25. 2. 20

Und wieder ist es passiert. Mitten in Deutschland ermordet ein rechtsextremer Terrorist 10 Menschen und sich selbst und hinterlässt Politik, Medien und Bürgern ein großes Fragezeichen wie dies wieder geschehen konnte. Wobei doch lange bekannt ist, dass sich diese Tätergruppe zu einem hohen Anteil im Internet radikalisiert und Bestätigung für ihr Tun und Denken in „sozialen“ Netzwerken holt. Wenn Politik und Gesellschaft nicht endlich verstehen, dass hier mit höchster Priorität der Hebel umgelegt werden muss und dass sogenanntes Hatespeech, das zu eben solchen Taten führen kann, mit aller Härte bekämpft und bestraft wird, ist es doch nur eine Frage der Zeit, wann wir die nächsten Opfer zu beklagen haben.

Ulli Herzau, Berlin

Despoten und Fanatiker

„Türkei startet Syrien-Offensive“, taz vom 2. 3. 20

Die Weltöffentlichkeit hat ja in Syrien gesehen, was es bedeutet, wenn man Despoten und Fanatikern zu sehr nachgibt: Nach dem Abzug der wenigen verbliebenen US-Soldaten in der Grenzregion zwischen der Türkei und Syrien hat Autokrat Erdoğan die Situation für sich sofort genutzt, hat die Kurden vertrieben, einen Korridor auf fremdem Land eingerichtet und mit seinen IS-Söldnern für Chaos gesorgt beziehungsweise den Massenexodus aus Idlib überhaupt erst provoziert. In Afghanistan kann der Abzug oder die reduzierte Truppenstärke der USA zu dem gleichen Chaos führen, der das afghanische Volk ins Mittelalter zurückkatapultiert. Sven Jösting, Hamburg

Völkerrecht

„Ein Präsident mit Sprengkraft“, taz vom 3. 2. 20

Die USA haben zum Nutzen ihrer Waffen- und Ölindustrie mit völkerrechtswidrigen Angriffen, Embargos, Beherrschen der meinungsbildenden Medien die Herkunftsländer der Flüchtlinge ins Chaos gestürzt. Dass dabei die Partner der NATO auch politische Schwierigkeiten bekommen, nimmt Trump gern hin, Russland gewiss ebenso. Anzumerken ist Folgendes: Nach geltendem Kriegsrecht ist ein Sieger verpflichtet, in den eroberten Ländern Recht und Ordnung zu sichern, ein ziviles Leben zu ermöglichen. In der Öffentlichkeit gelten diese Regeln offensichtlich nicht für die USA. Die militärindustrielle, von einer Oligarchie der Milliardäre beherrschte Großmacht USA führt Krieg, provoziert Bürgerkriege, raubt Bodenschätze und überlässt UNO-Hilfsorganisationen, den Ländern Europas, privatem, gemeinnützigem, kirchlichem Engagement, das von den USA verursachte Elend zu bewältigen.

Die Bundesrepublik sollte ihre Aufwendungen zur Versorgung von Flüchtlingen verrechnen mit Zahlungen an die NATO; denn wir leisten anstelle der USA das, was die als Folge ihrer militärischen Aggressionen nach internationalem Völkerrecht, der Haager Landkriegsordnung zur Versorgung der Flüchtlinge aufwenden müssten. Friedemann Ungerer, Anklam

Fraktionszwang

„Eins, zwei oder drei?“, taz vom 4. 3. 20

Der Chef der Jungen Union, Tilman Kuban, hat die Thüringer CDU-Landtagsabgeordneten aufgefordert, bei der Wahl des Ministerpräsidenten am Mittwoch den Plenarsaal zu verlassen. „Unser Beschluss lässt keine Zusammenarbeit mit AfD oder Linkspartei zu – auch keine indirekte“, sagte Kuban den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Deshalb darf die CDU einem Ministerpräsidenten von der Linkspartei oder der AfD nicht ins Amt verhelfen und sollte zur Wahl den Plenarsaal verlassen.“Stellungnahme des Leserbriefschreibers: Der CDU-Beschluss ist grundgesetzwidrig! In Artikel 38 Absatz 1 des Grundgesetzes steht klipp und klar Zitat: „Die Abgeordneten […] sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen!“ Auch Herr Kuban gehört zu der nicht geringen Anzahl von Leuten, die sich dringend auf einem politischen Seminar die für ihre Tagesarbeit erforderlichen Kenntnisse des Grundgesetzes aneignen sollten. Otfried Schrot, Ronnenberg-Empelde

Liquide durch die Krise

„Furcht vor ökonomischen Folgen“, taz vom 4. 3. 20

Peter Altmaier setzt Prioritäten: „Wir dürfen nicht zulassen, dass dieses Virus den Aufschwung infiziert.“ Dabei muss er schon aufpassen, dass das nächste Hochwasser nicht die Konjunktur ertränkt, die Waldbrände nicht den Tourismus abfackeln und mit der kommenden Finanzkrise das Bankensystem keinen Suizid begeht. Nur wenn Gewinnstreben die Menschen krank macht, ist er blind. Dirk Christoph Lubien, Berlin

Frauenbeleidigung

„Arschloch, Wichser, Hurensohn“, taz vom 3. 3. 20

Der FC Bayern München hat 6:0 gewonnen und Herr Hopp wurde mit dem H-Wort beleidigt. Es wäre besser gewesen, die Bayern hätten der TSG das Tor geöffnet und 7:6 als Endergebnis geschenkt. So hat es keine sportlichen Konsequenzen. Die Meisterschaft zählt dann doch mehr als die Ehre. Doch ein Zweites beschäftigt mich. Neben Herrn Hopp sind auch die Frauen beleidigt worden. In solchem Gebrauch des H-Wortes wird die Verachtung gegenüber Frauen sehr deutlich. Doch wer entschuldigt sich bei ihnen? Die Vereinsspitzen der Fußballvereine müsste auch gegen den in dem Wort ausgedrückten Sexismus Stellung beziehen, sich öffentlich zur Gleichberechtigung bekennen und jede Art von Sexismus verurteilen. Und dazu gehören eine massive Unterstützung des Frauenfußballs und vielleicht sogar gemischter Teams. Werner Huffer-Kilian, Münstermaifeld