Kunstrundgang
: Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um

Brücke und Berlin – 100 Jahre Expressionismus. Bis 28. 8., Di–Fr 10–18, Do 10–22, Sa/So 11–18, Neue Nationalgalerie, Potsdamer Str. 50

In Gruppen bewegen sie sich von einem Monument zum nächsten, nicht selten einem Wimpel schwenkenden „Führer“ folgend. Als BerlinerIn lacht man über sie, ist genervt. Am letzten Samstag konnte man sich hingegen selbst einer Gruppe anschließen und zum Tourist in der eigenen Stadt werden. Im Areal zwischen Anhalter Bahnhof, „Topographie des Terrors“ und Martin-Gropius-Bau filibusterte Bazon Brock, Dichter, Denker und Kunstgeschöpf von Jürgen Brock, über den typisch deutschen, ironischen Umgang mit der Geschichte: Autofahren ohne Führerschein auf Massengräbern russischer Soldaten oder die Sprengung der Jerusalem-Kirche durch Axel Springer und die anschließende Ausrichtung des Verlagsgebäudes an den Grundmauern der Kathedrale. Treppenwitze der Geschichte!? Nachdenkliches und Diskursives wurde auch später im und vor dem KaDeWe geboten: Der Markt als religiöser Raum, dessen Überangebot Ekel und somit eine Selbstregulierung für Konsumenten verspricht – Brock als Prediger. Weiter ging es im Rahmen des Projekts „Das Vermögen der Kunst“ durch die Expressionismus-Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie: Zivilisation ist da, wo Menschen ob ihrer Nacktheit nicht übereinander herfallen, dementsprechend eher in Afrika als in Berlin. Fragmente aus dem Redefluss Brocks, die noch bis spät in die Nacht die Unterhaltungen anreicherten. Aber auch immer wieder die Frage, was wohl die israelischen und palästinensischen KünstlerInnen, die auf Einladung des Goethe-Instituts Tel Aviv und der Kulturstiftung des Bundes an dieser Reise teilnehmen, mitnehmen würden. Denn Zeit zum Nachfragen gab es im Überangebot der Worte kaum. Da hätte man schon in den Bus steigen und mitreisen müssen. Am 4. August wird übrigens die gleichnamige Ausstellung im Kunsthaus Dresden eröffnet.

Das Vermögen der Kunst, Ausstellung ab 4. 8., 20 Uhr, Kunsthaus Dresden, Rähnitzgasse 8, www.goethe.de/ins/gf/en815175.htm