Wahlbezirk der Gegensätze

Kaum ein Bezirk der Hauptstadt vereint so viele Gegensätze wie Pankow. Im Süden reicht der mit 340.000 Einwohner größte Stadtteil bis zur Torstraße nahe dem Alexanderplatz. Nördlich der Trasse leben die jungen Rot-Grün-Wähler des Prenzlauer Bergs, am Kollwitzplatz lebt der SPD-Kandidat Wolfgang Thierse seit mehr als 30 Jahren. Seine drei Konkurrenten haben in der Nähe ihre Büros. Viele StudentInnen sind seit der Wende in die nach und nach sanierten Altbauten des zentral gelegenen Prenzlauer Bergs eingezogen – und geblieben. Sie und ihre Kinder bevölkern die erst rund 100 Jahre alten Straßenzüge rund um Kollwitz-, Helmholtz- und Teutoburger Platz.

Seither haftet den Kiezen nördlich der Torstraße das zweischneidige Etikett „Szeneviertel“ an. Doch das trendige Image versperrt den Blick auf die nördlich gelegenen Bezirksteile Weißensee und Pankow. Im Norden geht das eben noch so urbane Pankow in die grünen Gegenden Blankenfelde, Malchow und die Siedlungen von Französisch-Buchholz über – Hochburgen der PDS. Die Sozialisten stellen bei den Kommunalwahlen regelmäßig die stärkste Fraktion.

Doch anders als in den PDS-Festungen im Südosten der Stadt verzeichnet Pankow nur wenige sozial schwache Bürger. Ende 2003 erhielten lediglich 5 Prozent von ihnen Sozialhilfe, nur Treptow-Köpenick und Steglitz-Zehlendorf schnitten besser ab. Für Berliner Verhältnisse sehr niedrig ist auch der im selben Jahr gemessene Migrantenanteil von 5,8 Prozent.

Vor drei Jahren gewann Wolfgang Thierse hier zum ersten Mal das Direktmandat für die SPD: mit 44,7 Prozent der Erststimmen. Auf Platz zwei landete die blasse PDS-Kandidatin, die 27-jährige Studentin Sandra Brunner, mit 26,1 Prozent. Günter Nooke (CDU) erhielt 16,8 Prozent, der Grüne Werner Schulz 6,4 Prozent. MLO