UNVERBREMT VON JAN ZIER
: Urchristen in der SED

Sie haben sie noch einmal entrollt. Die Fahne der Partei. Also nicht ihrer eigenen, sondern die der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Es ist der 7. Oktober, der 60. Jahrestag der Gründung der DDR. Und die DKP gedenkt ihrer. Nicht mit einer Feierstunde, auch wenn die DDR hier als „größte Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung“ gilt. Sondern mit einer Debatte über die DDR als „Erfahrungsobjekt sozialistischer Gesellschaftsgestaltung“.

100 Zuhörer sind ins Konsul-Hackfeld-Haus gekommen, zumeist 60 plus. Sie lauschen Ekkehard Lieberam, ehemals Professor für Staatstheorie und Verfassungsrecht an der Karl-Marx-Universität Leipzig. Einer, der 1957 im Westen in der SPD war und dann rübermachte. Einer, der gegen die „Konterrevolution“ kämpfte, als viele schon von der „friedlichen Revolution“ sprachen. Er will die DDR angesichts ihrer schwierigen ökonomischen Voraussetzungen „verteidigen“, so wie viele an diesem Abend. Ohne über die „problematischen Seiten“ zu schweigen. Der Mauerbau zählt nicht dazu, auch hässliche Wörter wie „Stasi“ werden vermieden. Immerhin machte die „außerordentliche Einengung der innerparteilichen Demokratie“ in der Avantgarde-Partei und eine gewisse „administrativ-bürokratische Fehlentwicklung“ auch SED-Mitglied Lieberam zu schaffen.

„Wir hatten nicht alles“, sagt Lieberam am Ende, „aber wir hatten sehr viel“. Nicht zuletzt eine „Menschlichkeit“, die ihn an das Urchristentum erinnere.