Angst um Gandji

Hungerstreikender iranischer Journalist in Lebensgefahr. EU-Grüne Beer fordert sofortige Besuchserlaubnis

BERLIN taz ■ „Wir fürchten um das Leben des iranischen Journalisten Akbar Gandji, der sich heute 54 Tage im Hungerstreik befindet“, heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Presseerklärung der Vorsitzenden der Delegation des Europaparlaments für die Beziehungen zu Iran, Angelika Beer. Die grüne Europaabgeordnete hatte am Dienstag in einem Eilantrag die iranische Botschaft in Brüssel gebeten, ihr unverzüglich die Erlaubnis zu erteilen, Gandji im Krankenhaus zu besuchen.

Gandji war nach der Teilnahme an einer im April 2000 von der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin veranstalteten Iran-Konferenz in Teheran verhaftet worden. Der populäre Journalist, der seit mehr als fünf Jahren in Haft ist, gehört zu den profiliertesten Reformern im Iran. Seit Jahren leidet er unter schwerem Asthma und starken Rückenschmerzen. Mit seinem Hungerstreik protestiert er gegen die unerträglichen Haftbedingungen und fordert seine Freilassung. Vor zwei Wochen wurde er angeblich wegen eines Meniskusrisses ins Krankenhaus gebracht.

„Wir sind höchst besorgt, dass die verantwortlichen Stellen im Iran selbst den Anwälten Gandjis keinen Zutritt zum Krankenhaus gewähren“, schreibt Beer. Sie stellt fest, dass die Eskalation des Atomkonflikts mit Iran die Frage der Menschenrechte in den Hintergrund gedrängt habe, und appelliert an die Verhandlungsführer der EU, auf Iran Druck auszuüben und sich „für die sofortige und bedingungslose Freilassung Akbar Gandjis einzusetzen“.

In den letzten Tagen hatten auch UN-Generalsekretär Kofi Annan, ausländische Regierungen sowie internationale Menschenrechtsorganisationen Gandjis Freilassung gefordert. In Iran traten am Dienstag rund 200 Journalisten, Intellektuelle und Vertreter der Reformbewegung aus Solidarität mit Gandji in einen eintägigen Hungerstreik. Eine für Mittwoch geplante Großkundgebung, zu der Gandjis Frau, Masumeh Schafi-i, aufgerufen hatte, wurde wegen des Attentats auf den Richter Massud Moghaddas vorerst abgesagt. Der radikale Islamist Moghaddas ist für zahlreiche Todesurteile sowie für harte Urteile gegen Journalisten, darunter auch gegen Gandji, verantwortlich. Die Justiz versucht nun zwischen dem Mordanschlag, Gandjis Hungerstreik und der breiten Solidarität mit ihm einen Zusammenhang herzustellen.

Während Gandjis Frau gestern erklärte, dass ihr Mann in Lebensgefahr schwebe, behauptet die Justiz, Gandji befinde sich nicht im Hungerstreik. Auf die Frage, warum er seine Anwälte nicht empfangen dürfe, sagte Justizsprecher Karimi Rad: „Wozu braucht ein Gefangener, der im Krankenhaus liegt, einen Anwalt?“ BAHMAN NIRUMAND