Deutsche Butter für die ganze Welt

Die CDU hat sich nun ihren Stammwählern zugewandt: den konventionellen Bauern. Nur noch die EU-Mindeststandards sollen für sie gelten. Ziel ist die subventionierte Massenproduktion. Die Ökolandwirte hingegen müssen sich auf Kürzungen einstellen

VON HANNA GERSMANN

Die deutschen Bauern sollen auf dem Weltmarkt erfolgreich sein. Sie verkaufen ihre Butter an arabische Ölscheichs. Ihre Kühe fressen Genmais. So sieht die Zukunft der Landwirtschaft aus, die CDU und CSU in ihrem neuen Agrarprogramm 2005 anstrebt.

In ihrem „Regierungsprogramm“ hatten die Unionsparteien die Agrar- und Verbraucherpolitik nur in acht Absätzen abgehandelt. Nun widmen sie sich ihren Stammwählern, den Landwirten, ausführlicher. Das „Programm für gesunde Lebensmittel, innovative Landwirtschaft und lebendige ländliche Räume“ hat 13 Seiten.

Demnach will die Union vor allem dreierlei. Erstens sollen Lebensmittel weniger vom Staat kontrolliert werden, dafür aber „eigenverantwortlich von der Agrar- und Ernährungswirtschaft“. Zweitens soll es „keine nationalen Alleingänge“ mehr geben. Geht es um die Käfighaltung oder den Anbau von Genpflanzen, sollen nur noch die von Brüssel vorgegeben Mindeststandards umgesetzt werden. Und drittens soll eine „offensive Exportförderstrategie mehr Wachstum“ schaffen.

Alle drei Punkte sind bekannt – und zwar vom Deutschen Bauernverband (DBV). Deren Parlamentsreferent Anton Blöth bestätigt: „Das Programm ist an vielen Stellen deckungsgleich mit unseren Forderungen.“ Seit langem liebäugelt der Bauernverband damit, mehr Käse und Fleisch ins Ausland zu verkaufen. Nur sind die deutschen Landwirte kaum wettbewerbsfähig. Neuseeländische Bauern müssen keine teuren Ställe bauen. Sie können ihre Kühe immer auf der Weide grasen lassen. Ihre Produkte sind daher billiger.

Die Union setzt auf den Weltmarkt und damit auf subventionierte Massenproduktion. Das schaffe Jobs, sagt sie. Dass aus dem Versprechen nichts wird, steht allerdings im Programm selbst. Die Agrarpolitiker schreiben: „Die Produktivität der Landwirtschaft ist allein in den letzten zehn Jahren um fast 100 Prozent je Arbeitskraft gestiegen.“ Diesen technologischen Fortschritt wolle die Union fördern. Logische Folge: Auf dem Land werden noch weniger Leute gebraucht.

Mehr Technik heißt größere Felder und weniger Höfe. „Industrielle Großbetriebe werden die bäuerliche Landwirtschaft weiter verdrängen“, prognostiziert Reinhild Benning vom Umweltverband BUND. Sie hält für „völlig verfehlt“, wie die Subventionen verteilt werden sollen. Verbraucher würden die immensen Zahlungen für Landwirte nur verstehen, wenn damit Jobs, Tier- und Umweltschutz unterstützt würden. Die Union fördere dennoch ein „Wachsen oder Weichen“.

Weichen müssten sicher auch Ökobauern. Sie können nach einem Regierungswechsel nicht mit großer Unterstützung rechnen. Gerda Hasselfeldt, Vizechefin der Unionsfraktion, kündigte in Interviews unlängst das Ende der Zahlungen für Biohöfe an – um später zu beteuern, dass sich kein Bauer fürchten müsse.

„Wir sorgen uns aber“, sagt Gerald Wehde vom Anbauverband Bioland. Das Agrarprogramm bleibe zwar schwammig. So heißt es dort nur, dass die Ökoförderung „stärker gebündelt werden“ soll. Doch dafür zeige sich in unionsgeführten Bundesländern, was zu erwarten sei: Wer in Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Sachsen oder Schleswig-Holstein Biobauer werden will, wird nicht mehr gefördert.

Agrarexpertin Benning resümiert: „Die Union erkennt die Wachstumsmärkte nicht.“ Das Ökogeschäft boomt. Bester Beweis: Discounter Plus stockt sein Biosortiment auf und macht eine Werbekampagne. Rivale Lidl testet diese Woche den Verkauf von Bioschokolade.

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