Gericht macht keine großen Sätze

SOZIALES Sind die Wohnkostenzuschüsse für Hartz-IV-Empfänger zu niedrig? Das Landessozialgericht hat die Entscheidung darüber vorerst vertagt

Die Klage eines Berliner Sozialhilfeempfängers gegen die neue Wohnaufwendungenverordnung (WAV) ist unzulässig. Das hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg am Dienstag entschieden. Somit bleibt auch eine Überprüfung, inwieweit die in Berlin geltenden Sätze für die Übernahme von Unterkunfts- und Heizungskosten von Hartz-IV-Empfängern durch die Jobcenter angemessen sind, bis auf weiteres aus.

Empfänger von Sozialleistungen hatten gehofft, das Gericht würde die geltenden Sätze für zu niedrig beurteilen und eine Erhöhung anordnen (taz vom 20. August). Erst vor knapp vier Monaten hatte Sozialsenator Mario Czaja (CDU) auch angesichts gestiegener Mieten eine neue WAV mit höheren Sätzen verabschiedet. Doch diese basierten auf veralteten Wohnungsmarktdaten und seien immer noch viel zu niedrig angesetzt, kritisierten Wohlfahrtsverbände. Deshalb beantragte ein Sozialhilfeempfänger eine Normenkontrollklage beim Landessozialgericht.

Für den Kläger gelte die neue WAV gar nicht, urteilte das Gericht nun: Als dauerhaft Erwerbsgeminderter habe er Anspruch auf Sozialhilfe und gehöre nicht zum Personenkreis der Hartz-IV-Empfänger, deren Kostenübernahme die WAV regelt. Folglich sei er nicht berechtigt, eine Überprüfung der Sätze durch das Gericht zu verlangen.

Womöglich ergibt sich aus dieser Gerichtsentscheidung, dass die Senatsverwaltung für Soziales die WAV nachjustiert, um Rechtssicherheit für Personen zu schaffen, die wie der Kläger nicht unter die Bestimmungen der Verordnung fallen. Eine Sprecherin von Senator Czaja wollte dies am Dienstag nicht kommentieren: „Erst wenn die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt, können wir prüfen, ob Handlungsbedarf besteht.“

Ob die Sätze für Hartz-IV-Empfänger tatsächlich zu niedrig sind, wird das Landessozialgericht laut dessen Sprecher „möglichst bald“ entscheiden: Denn aktuell sind dort drei weitere Anträge auf Normenkontrollklagen anhängig, die antragsberechtigte Hartz-IV-Empfänger eingereicht haben. (Aktenzeichen L 36 AS 1162/12 NK)

SEBASTIAN PUSCHNER