das portrait: Tischfußballer René Breschspielt auch mit „Fußgängern“
Als René Bresch noch laufen konnte, spielte er Fußball nicht gern selbst. Im Verein in seiner Heimatstadt Heidelberg hatte er als Junge das Gefühl, nur einem Ball hinterherrennen zu müssen. Deswegen schaute er viel lieber anderen beim Fußballspielen zu. Heute, 15 Jahre nachdem er aus dem Gehen unglücklich stürzte und sich die Wirbelsäule brach, schießt er Tore mit der Hand.
Auf die Deutschen Tischfußballmeisterschaften am vergangenen Wochenende in der Hamburger Theaterfabrik Kampnagel hat Bresch sich aber nicht besonders vorbereitet. Er trainiert jeden Mittwoch im Clubheim seines Vereins FC St. Pauli. Nicht intensiv, wie er sagt. Und tatsächlich hat der 43-Jährige im Doppelwettkampf mit seinem Partner den vierten und letzten Platz geholt. Für das Einzel hatte er schon einen Tag vor dem Turnier die richtige Selbsteinschätzung abgegeben: „Es ist der achte Platz – von acht.“ Macht nichts: Seine Erfolge sind eher persönlicher Natur: „Ich brauchte etwas länger, um mich wieder ganz auf Sport einlassen zu können nach dem Unfall“, sagt er.
Heute macht er sich im Deutschen Tischfußball Bund (DTFB) und als Fachbereichsleiter beim Rollstuhl-Sportverband für inklusiven Breitensport stark. „Die beiden Positionen sind gut, um ein Bindeglied zwischen den beiden Organisationen herzustellen“, sagt Bresch. Seine Vorgänger beim DTFB waren alle „Fußgänger“, wie er es nennt. Bezahlt wird Bresch dafür nicht, es sind Ehrenämter. Sein Geld verdient der gelernte Toningenieur und Mediengestalter als freier Cutter.
Bei Wettkämpfen weicht nur eine Regel von jenen für „Fußgänger*innen“ ab: Die Spieler*innen haben, wenn sie von der Offensive in die Defensive wechseln müssen, einige Sekunden Zeit, die gestoppt wird, um sich mit dem Rollstuhl neu auszurichten. Bresch kann bei einem handelsüblichen Kickertisch nicht hinter die Bande an seiner Seite gucken. Für Rollstuhlfahrer*innen gibt es daher Tische, die tiefer sind.
St. Pauli ist Breschs Verein, das Millerntorstadion sein zweites Zuhause, die Menschen dort so was wie seine Familie. Er spielt in einem inklusiven Team aus Spieler*innen mit und ohne Behinderung – egal ob geistig, körperlich oder beides. Nach dem Kooperationspartner, dem Verein „Leben mit Behinderung“, heißt es „FC St. Pauli LMB“.
Die 2009 gegründete Tischfußball-Abteilung des FC St. Pauli hat schon 320 Mitglieder. Ob Hamburg die Tischkicker-Hochburg ist? Bresch antwortet ohne zu zögern mit „ja“. Yasemin Fusco
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen