das ding, das kommt
: Vertriebene Schatten

Erst die Lenklampe ermöglichte vor 100 Jahren schattenfreies Licht auf das zu werfen, was man bearbeiten musste oder wollte. Eine Ausstellung in Hamburg widmet sich jetzt der Erfindung beweglicher Beleuchtung Foto: Jenner-Egberts Foto+Film

Die ganze Nacht über Licht: Als die Industrialisierung vor hundert Jahren auch hierzulande so richtig Fahrt aufnahm, veränderte sich auch die Anforderung an die Beleuchtung. Wer bis spät in den Abend arbeiten musste oder wollte, dem reichte das Tageslicht nicht mehr. Aber die bis dahin üblichen Decken- und Pendelleuchten spendeten nicht nur Licht, sondern auch viel Schatten: Wer den Körper übers Werkstück beugte, konnte gar nicht mehr genau erkennen, was sie oder er da bearbeitete.

Dass man heute einmal kurz mit der Hand zur Lenklampe greifen kann, um den Lampenkopf zu drehen und zu wenden, auf dass der Lichtkegel im gewünschten Winkel auf den Arbeitsplatz fällt: Das haben wir dem Ingenieur und Designer Curt Fischer zu verdanken, der sich im November 1919 die erste Leuchte mit verstellbarem Wand­arm patentieren ließ. Etliche Leuchten folgten, darunter auch die „Peitsche“, die kurz darauf ihren Weg in die Metallwerkstätten des Dessauer Bauhauses fand.

Dessen Gründer Walter Gropius war großer Fan der Leuchten, die Fischer unter dem Markennamen Midgard vertrieb. Auch zu Hause nutzte Gropius sie, stand jahrelang mit Fischer in Briefkontakt, um Synergien nutzen zu können.

Einen Blick auf die erfinderischen und ästhetischen Dimensionen lenkbarer Leuchten vom frühen 20. Jahrhundert bis heute wirft ab Freitag im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe die Ausstellung „100 Jahre lenkbares Licht“. 44 Originale von Midgard und 20 weiteren Herstellern sind dort zu sehen, dazu erzählen Zeichnungen, Patente, Briefe und kurze Filme von der Evolution der Leuchten und jüngsten Entwicklungen. Robert Matthies

„100 Jahre lenkbares Licht.

Ursprung und Aktualität beweglicher Beleuchtung“: Fr, 31. 1., bis 1. 6., Hamburg, Museum für Kunst und Gewerbe