Kaum Freude über Angebot

KAROVIERTEL MieterInnen können ihr Haus nun doch kaufen. Unter den gegebenen Bedingungen hält die Genossenschaft das aber für unmöglich

■ Worum es geht: Um rund 900 kürzlich oder derzeit noch renovierte Wohnungen, 40 Prozent des Bestands im Karolinenviertel. Ende 2013 wird das Sanierungsgebiet St. Pauli Nord S 3 aufgehoben.

■ Was die MieterInnen planten: In einer Genossenschaft zusammengeschlossen wollten sie der Stadt die Häuser für 50 Millionen Euro abkaufen – um befürchteten Mieterhöhungen zu begegnen.

■ Was die Stadt tat: Der Senat beschloss am Dienstag, die Häuser en bloc der städtischen Wohnungsgesellschaft Saga zu übertragen – für 80 Millionen Euro.

In Sachen Karoviertel geht die Stadt einen Schritt auf die MieterInnengenossenschaft zu – scheinbar. Zwar hat der Senat am Dienstag beschlossen, die rund 900 Wohnungen im städtischen Besitz an die Wohnungsgesellschaft Saga zu verkaufen und nicht an die GenossInnen. Letztere könne aber einzelne Gebäude vom neuen Eigentümer kaufen. „Voraussetzung dafür ist, dass alle Mieter des Hauses einer genossenschaftlichen Verwaltung zustimmen“, sagt Bezirksamtsleiter Andy Grote.

Unklar ist allerdings, wie die Stadt dieses Angebot garantiert. Anfang 2014 gehen die Wohnungen im Karolinenviertel an die städtische Saga. Diese hat dann das alleinige Verkaufsrecht. „Wir sind zu Gesprächen bereit“, teilt Pressesprecher Michael Ahrens mit. Einen festen Preis, zu dem das Unternehmen die Gebäude verkaufen muss, gibt es aber nicht. „In einem Kaufvertrag werden keine Konditionen zum Weiterverkauf an Dritte festgelegt“, so Grote. Der Senat habe mit der Saga lediglich abgesprochen, dass ein Zusammenschluss von MieterInnen einzelne Gebäude kaufen kann – im Prinzip.

Die GenossInnen befürchten nun, dass die Häuser nach der Übernahme nicht mehr erschwinglich sein werden. „Wir müssen die Kosten für den Kauf durch die Mieten wieder reinbekommen“, erklärt Susanne Otto von der Karo-Genossenschaft. „Wenn die Saga uns die Häuser zu einem überteuerten Preis anbietet, reichen die jetzigen Mieten nicht mehr aus.“ Die einzige Möglichkeit wäre dann, die Mieten zu erhöhen – also das zu tun, was der Zusammenschluss ursprünglich verhindern wollte.

Eine weitere Hürde ist das Eigenkapital, das für einen Förderkredit aufgebracht werden muss. Es beträgt rund zehn Prozent des Kaufpreises. „Bei einem hohen Preis für die Gebäude kann die Eigenbeteiligung von den Mietern vermutlich nicht mehr gestemmt werden“, so die Einschätzung des Mietervereins Mieter helfen Mietern.

Der Plan der Genossenschaft, die Wohnungen aufzukaufen und so Mietsteigerungen zu verhindern, ist also gescheitert. „Die Stadt hat uns nicht ernst genommen“, klagt Otto. Der Verkauf ist für sie ein reiner Buchungstrick. „Die Saga gehört Hamburg, der Kaufpreis von 80 Millionen wandert nur von einem städtischen Konto auf ein anderes.“ Hätte die Genossenschaft den Zuschlag für die Wohnungen bekommen, wäre Geld von außerhalb in die Töpfe der Stadt geflossen. „Aber auf dem Papier zählt nur die Summe – ganz egal, wo das Geld herkommt.“  KOL