Drei Kreuze, wenn es vorbei ist

Seit zwei Jahren bereitet sich die Katholische Landjugend in Wesseling auf den Weltjugendtag vom 16. bis 21. August in Köln und Umgebung vor. Im Grunde ist sie eher an Umweltthemen interessiert

VON CORNELIA LAUFER

Zwei Stapel Papier türmen sich auf dem Tisch vor Sascha Espig. Daneben liegt im rechten Winkel zu seinem Handy ein Businessorganizer. Eigentlich ist der 31-Jährige technischer Angestellter in der Kunststoffverarbeitungsindustrie. Aber in diesem Moment ist er wegen des Weltjugendtages (16. bis 21. August) als Leiter der katholischen Landjugendbewegung (KLJB) in Wesseling-Keldenich im Dauereinsatz.

„Wir kriegen also Polen“, eröffnet Sascha die Sitzung des siebenköpfigen Organisationsteams. Die meisten von ihnen waren schon als Kinder in den Ferienlagern der KLJB und sind dadurch „irgendwie reingerutscht. Sascha war damals noch unser Leiter“, erzählt die Auszubildende Christa Laux (19). „Es geht uns in der KLJB weniger um ‚Kumbaya, my lord‘ als um das Zusammensein mit Gleichaltrigen“, erklärt Sascha Espig. Neben der Organisation von Sommerlagern für Jugendliche zwischen 9 und 15 Jahren und regelmäßigen Gruppenstunden, in denen über religiöse und gesellschaftliche Themen diskutiert wird, unternehmen sie Ausflüge in die Natur oder treiben gemeinsam Sport.

Drei polnische Gruppen à 150 Pilger erwartet die Gemeinde St. Andreas in Wesseling, die zum Teil in Schulen und Turnhallen, zum Teil in einer der 320 Privatunterkünfte untergebracht werden. Ikea bietet den Reisenden sogar Klappbetten im eigenen Parkhaus als Übernachtungsmöglichkeit an. Hauptaufgabe der KLJB-ler ist es, dafür zu sorgen, dass jeder Pilger am Abend des großen Anreisetages am 15. August auch im richtigen Bett schläft. Außerdem müssen Stadtpläne verteilt, Wegbeschreibungen zu Krankenhäusern auf Polnisch, Englisch und Deutsch entworfen und Getränke für den Empfang der Gäste geordert werden. Als Helfer dürfen die KLJB-ler die Veranstaltungen umsonst besuchen. „Aber dafür haben wir dann eh keine Zeit mehr“, meint Christa Laux trocken und zündet sich eine Zigarette an.

Die katholische Landjugendbewegung vertritt die Idee einer modernen Kirche. Sie befürwortet eine Gleichstellung von Mann und Frau in der Kirche, sprechen sich für internationale Solidarität sowie Abrüstung aus und engagieren sich für einen besseren Umgang mit der Umwelt. Der Wahl Josef Ratzingers zum neuen Papst stehen sie kritisch gegenüber. „Mein Vater meinte gleich: Jetzt haben wir wieder einen, der zu katholisch ist“, erzählt Christa Laux. „Die Konsequenzen der Papstwahl bekamen wir recht schnell zu spüren“, meint Sascha Espig. „Vor ein paar Wochen fand eine außerordentliche Bundesversammlung statt, um unseren neuen Bundesseelsorger zu bestimmen. Zur Wahl sollten eigentlich ein Priester und eine Theologin stehen.“ Letztere wurde jedoch vom Rat der deutschen Bischofskonferenz gar nicht erst zugelassen. Eine Frau in einer solcher Führungsposition könne nur eine Ausnahme sein. „Wir haben sofort einen Beschwerdebrief geschrieben. Gebracht hat das nichts“, so Espig.

Die KLJB setzt sich zudem für mehr Umweltbewusstsein ein. Die Bundesebene der katholischen Landjugend präsentiert sich am Weltjugendtag mit dem „global village“ vor der Bonner Beethovenhalle. In der Mitte des Dorfes soll eine Holz-Solar-Kirche als Symbol der Schöpfungsverantwortung errichtet und in Podiumsdiskussionen über Klimawandel und erneuerbare Energiequellen informiert werden. Soweit die Theorie. „Wir haben uns sehr darüber aufgeregt, dass nicht darauf geachtet wird, ob die T-Shirts etwa aus Thailand kommen. Alles ist mehrfach verpackt und Öko-Fair-Produkte werden auch nicht angeboten, weil sie nun auf einmal doch zu teuer sind“ , beschwert sich Christa Laux.

Seit zwei Jahren bereiten sich die KLJBler nun schon auf den Kölner Weltjugendtag vor. Sie hoffen, dass ihre Gäste sich in Köln gut amüsieren werden und es insgesamt ein großes Fest wird. Momentan sind sie allerdings noch so von der Vorbereitung erschlagen, dass die Vorfreude etwas gedämpft ist. Es gibt noch viel zu tun und der Informationsfluss ist „etwas mau“ , sagt Sascha Espig. Christa Laux bestellt sich eine Tasse Kaffee, nimmt eine weitere Zigarette und versinkt tiefer in ihrem Sessel, während die Abschlussveranstaltung für die 25.000 ehrenamtlichen Helfer im Kölner Tanzbrunnen besprochen wird. „Ich hatte eigentlich gesagt, dass da nur 10.000 reinpassen, aber gut“, meint Espig.

Auch die Finanzierung des Weltjugendtages ist ein Thema unter den Jugendlichen. „Das WJT-Büro spricht zwar von schwarzen Zahlen, aber man kann zwischen den Zeilen lesen, dass es ein Minusgeschäft wird. Das Bistum Toronto ist jedenfalls seit dem dortigen Weltjugendtag pleite und sucht nach Spendern, um das auszugleichen. Der Vatikan hat dankend abgelehnt“, meint Espig.

Kurz vor dem großen Event steht für die Teamleiter noch ein Motivationswochenende auf dem Pflichtprogramm. „Da soll ich also noch mal motiviert werden“, murrt Sascha Espig und trägt das Datum in seinen Businessorganizer ein. „Das ist vielleicht auch ganz gut so“ , sagt Christa Laux grinsend. Der Weltjugendtag 2005 bildet für Sascha Espig den krönenden Abschluss seiner 15-jährigen KLJB-Laufbahn. Nicht ohne Wehmut meint der junge Mann in Polohemd, dass die KLJB „einfach zu viel Zeit“ beanspruche. Auch wenn die Zeit davonrennt, viele Fragen offen sind – viel Stress und wenig Schlaf sind den KLJBlern am WJT sicher. Drei Kreuze, wenn es vorbei ist.