SPD übt für Topform

Gerhard Schröder und Franz Müntefering erinnern sich bei einer Mobilisierungs-Konferenz erstmals wieder rot-grüner Werte

BERLIN/KASSEL taz/dpa ■ Routinemäßig haben Bundeskanzler Gerhard Schröder und SPD-Chef Franz Müntefering auch gestern ein politisches Bündnis mit der Linkspartei ausgeschlossen. Nach einer Sitzung des Parteipräsidiums in Kassel nannten sie dazu die beiden Standardargumente: 1. dass die Linkspartei keine globalisierungsfähige Wirtschafts- und Finanzpolitik anbiete, und 2. dass die beiden Protagonisten Oskar Lafontaine und Gregor Gysi beide schon einmal „aus ihren Ämtern gelaufen“ seien, wie Schröder es nannte.

Die SPD-Spitzen waren gestern in Kassel, um dort auf einer „Mobilisierungs-Konferenz“ vor allem zu den Basis-Wahlkämpfern der Partei zu sprechen. Eingeladen waren zwar vor allem auch die Direktkandidaten der 299 Wahlkreise selbst, doch von denen zogen es viele vor, daheim über Schützen- und Stadtfeste zu ziehen. „Ich bin schon mobilisiert“, erklärten die meisten Kandidaten auf Anfrage.

Doch hieß es am Nachmittag aus Kassel, dass sowohl Schröder als auch Müntefering „überraschend politische“ Reden gehalten hätten. Gerade „rot-grüne Punkte“ wie Zuwanderungs- und Energiepolitik sowie die Nähe zu den Gewerkschaften seien betont worden. Dies wurde deshalb mit Erleichterung wahrgenommen, weil vor allem der Kanzler seit dem 22. Mai weder auf seine eigene Partei noch auf Rot-Grün positiv Bezug genommen hat.

Da die SPD in den Umfragen derzeit immerhin nicht mehr fällt und die Kanzlerkandidatin der Union, Angela Merkel, jüngst große sachliche Fehler in Interviews gemacht hat, stieß vor allem Müntefering Polemik gegen Merkel auf große Begeisterung. „Wer die Merkel hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen“, juchzte ein Kandidatenhelfer später. Es seien jedoch auch Argumente gegen die Mehrwertsteuer eingeübt worden – schließlich findet heute ein Aktionstag gegen die von der Union geplante Mehrwertsteuererhöhung statt. Da sollte „nix Falsches erzählt“ werden.

Schröder sprach gestern angesichts von 28 Punkten bei der Sonntagsfrage des ZDF-Politbarometers – ein Plus von 2 Prozent – von einer „Trendwende“: „Ich freue mich darüber und werde diesen Trend fortsetzen.“ UWI