LESERINNENBRIEFE
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Eine dumme Maßnahme

■ betr.: „Vom Drucker auf den Teller“, taz vom 21. 8. 12

Natürlich können Menschen kein Gras verdauen, aber dieser Aspekt wird in der Diskussion deswegen übergangen, weil er schlicht nichts mit der Welternährungs- und Umweltdebatte zu tun hat. Und es ist längst Allgemeinwissen und erwiesen, dass es eine Nahrungspyramide gibt, bei der die Produzenten (Pflanzen) mengenmäßig und energetisch die Basis bilden. Von einem Hektar Land bekommt man wesentlich mehr Menschen satt, wenn man menschentypische Nahrung anbaut anstatt Gras, das über den Umweg des Rindes selbige ernährt, um bei dem Beispiel zu bleiben. Das in dieser Debatte völlig deplatzierte Soja-Monokulturen-Argument ist der Gipfel.

Und dann die Sache mit dem Synthetikfleisch: Der Aufbau tierischer Eiweiße aus körperfremden Eiweißen pflanzlicher/tierischer Art ist ein energieaufwendiger Prozess, und mit jedem Glied in der Nahrungskette steigt der Energieverbrauch für den Aufbau um rund eine Zehnerpotenz. Das hat man auch alles schon mal im Biologieunterricht gehört. Die Physiker können das noch verallgemeinern: Ordnung schaffen bindet Energie – steigende Unordnung setzt Energie frei. Fleisch, egal ob natürlich oder synthetisch, stellt ein höheres Ordnungsprinzip dar und ist deswegen nur unter Energieaufwand herzustellen.

Also macht euch nicht, so wie andere Medien, zu Jubelpersern der (Synthetik-)Fleischindustrie, indem ihr behauptet, sie würde zukünftige Ernährungsprobleme lösen. Retortenfleisch ist eine der dümmsten Weltverbesserungsmaßnahmen der heutigen Zeit.

ROBERT STEINBRUCH, Garvensdorf

Sorge um vegane Ernährung

■ betr.: „Vom Drucker auf den Teller“, taz vom 21. 8. 12

„Ich liebe die Besorgnis der Medien über unsere vegane Ernährung. Deren Experten ermahnen uns, unsere Mahlzeiten sorgfältig zu planen. Inzwischen sind zwei Drittel der Amerikaner übergewichtig oder fettleibig, 40 Millionen Menschen haben Diabetes, Amerikaner sind die kränksten Menschen in der Ersten Welt. Als ich das letzte Mal nachsah, waren wir ein Prozent der Bevölkerung. Wer sollte seine Mahlzeiten gründlich planen?“ Gary Smith.

Diesem Zitat ist nichts hinzuzufügen.

BIANCA WITTKOWSKI, Neukirchen-Vluyn

Anmerkung der Red.: Heiko Werning, der Autor des Artikels, antwortet auf die zahlreichen LeserInnen-Zuschriften unter:

http://blogs.taz.de/reptilienfonds/2012/08/23/druckerschnitzel-und-soja-felder-dieser-text-hat-mehr-als-3-600-zeichen/

Noch mehr Wulff und Co

■ betr.: „Für immer Seite 1“, taz vom 22. 8. 12

Ach, wie gut, dass wir keine Euro- oder Finanzkrise (und noch keine Finanzkatastrophe) haben. Ach, wie gut, dass unsere Gemeinden und die Länder keine Schulden mehr haben und der Bund noch nie Schulden hatte. Ach, wie gut, dass Elbphilharmonie, Nürburgring, Berliner Großflughafen oder Stuttgart 21 so preiswert, alternativlos und nützlich sind. Ach, wie gut, dass die „Schere“ zwischen Arm und Reich immer kleiner geworden ist. Ach, wie gut, dass es für alle Menschen hier und anderswo ein lebenswertes Mindesteinkommen gibt. Ach, wie gut, dass wir das große Ziel einer allseits gerechten und solidarischen Welt erreicht haben.

Ach, wie gut, dass bei uns so viel Mitgefühl, Demut und Bescheidenheit regieren. Ach, wie gut, dass Rücksichtslosigkeit, übertriebener Egoismus oder die Ellbogenmentalität der Vergangenheit angehören. Ach, wie gut, dass es auf dieser kleinen, großen Welt so viel (materielle) Wertschätzung für alle gibt. Ach, wie gut, dass es für alle „Ehrenmenschen“ in dieser Welt ein bisschen mehr „Ehrensold“ gibt. Ach, wie gut, dass alle, die schon ein bisschen mehr als die da unten haben, noch ein klein bisschen mehr haben werden. Ach, wie gut, dass alles so wahnsinnig gut ist.

Ach ja, wie gut, dass niemand weiß, dass ich „Rumpelstilzchen“ heiß. PETER GERNBACHER, Stuttgart

Nur heiße Luft

■ betr.: „Abkommen ohne Chance“, taz vom 23. 8. 12

Allem Anschein nach ist das Steuerabkommen mit der Schweiz doch nicht so ganz ohne Chancen, wie es der Koordinator der SPD Länderfinanzminister durchblicken lässt; mit anderen Worten, die SPD lässt sich für 4 Prozent mehr Steuern wieder einmal kaufen. Das gesamte Geschrei von Steuergerechtigkeit und Aufhebung der Anonymität der Schwarzkonten scheint also nur heiße Luft gewesen zu sein und wird mit dem Satz kommentiert: „Die Schweizer Regierung sagt deutlich, dass es keine weiteren Verhandlungen mehr geben wird.“ Also, so die Lesart von Herrn Kühn, muss man dem Abkommen zustimmen, so, als könnte man das Abkommen nicht scheitern lassen.

Wieso ist es für Deutschland – die SPD – nicht möglich, ein ähnliches Abkommen mit der Schweiz zu schaffen, wie es die USA geschafft haben? Wieso ist es in Deutschland – für die SPD – nicht möglich, abzuwarten, bis das Europäische Steuerabkommen mit der Schweiz – der Entwurf ist übrigens viel schärfer als dieses windelweiche deutsche Abkommen – verabschiedet ist? Wieso ist es in Deutschland – für die SPD – nicht möglich, Schweizer Bankmitarbeiter wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung anzuklagen, wie es die USA angedroht haben, um ihr Abkommen zu stützen? Und zum Schluss: Warum soll jemand dann noch die SPD wählen, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit umfällt oder sich „kaufen“ lässt? ALBERT WAGNER, Bochum