meinungsstark
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Reglementieren, lamentieren

„Die Pflicht als Freiheit“, taz vom 19. 12. 19

Die Gegenthese zu Ulrich Schultes ,,These des Tages“ zu einem verpflichtenden Sozialen Jahr findet sich beim Deutschlandfunk in einem Interview mit Friedhelm Hengsbach zur ,,flippigen Idee“ der Dienstpflicht. Hengsbach weist messerscharf darauf hin, dass es schließlich nicht die Freiwilligen sind, die die Gesellschaft spalten, auch wenn es mehr sein könnten, sondern Ursache ist die konzerngetriebene Politik, die prekäre Beschäftigungsverhältnisse und eine Aushöhlung des Tarifrechts bewirkt. Er fordert generell mehr Geld für Sorgearbeit und schlägt vor, auch das Freiwilligenjahr besser zu entlohnen. Er nennt die Bewegung Fridays for Future, um zu belegen, dass es keiner staatlichen ,,Nachhilfe“ in Sachen ,,wache Zivilgesellschaft“ bedarf. Dass, im Gegenteil, zivilgesellschaftlichen Organisationen wie Attac und Medico keine Knüppel zwischen die Beine geworfen werden sollten (Beispiel Gemeinnützigkeitsentzug). Die Zivilgesellschaft funktioniert in Deutschland. Nicht aber die soziale Marktwirtschaft.

Dass laut taz-Kommentar ,,nur“ die bürgerliche Mittelschicht sich ein Freiwilligenjahr ,,leisten‘‘ kann, ist wirklich ein Skandal. Es geht aber um die richtigen Schlussfolgerungen. Staatlicher Zwang zu Kant’scher ,,Einsicht in die Freiheit‘‘ oder kapitalismuskritische Transformation der demokratischen Gesellschaft? Es gilt, die Spaltung der Gesellschaft europäisch zu überwinden und Freiwilligendienste dort stärker möglich zu machen, indem man Geld in die Hand nimmt, anstatt zu reglementieren (AKK) oder zu lamentieren (taz, Hauptstadtbüro). Christine Köhler, Bielefeld

Unerfreulich unausgewogen

„Schlagloch: Grob gepixelt“, taz vom 18. 12. 19

Sehr geehrte Frau Bossong, über die Methoden, Aktionen und Zielsetzungen des Zentrums für Politische Schönheit (ZPS) gibt es viel nachzudenken und kontrovers zu diskutieren. Und das ist gut so! Ihre „Schlagloch“-Kritik – oder sollte ich besser sagen: Ihr Gezeter – kommt aber eher wie ein Furor aus narzisstischer Kränkung daher anstelle einer sachlichen Auseinandersetzung mit dieser Art von Kunstform. Die grenzwertigen Inszenierungen richten sich gegen grenzüberschreitende gesellschaftspolitische Missstände und sind damit ein gewichtiger Bestandteil im Kampf gegen Faschismus, Rassismus und Antisemitismus. Dabei stellen sie keineswegs die anderen Bestandteile in den Schatten.

Tatsächlich fand ich sämtliche Kommentare zur jüngsten ZPS-Aktion unerfreulich unausgewogen. Andrea Sacher, Unna