… DAS SÜDLICHE BERLIN?
: Absaufen

Was Berlin fehlt, das ist das Meer. Das Meer als das Gegenteil von Stadt. Das Meer ist weit und leer. Schon die Aussicht, eine Erholung. Man muss an der Küste nicht erst auf den Fernsehturm fahren, um bis zum Horizont zu schauen. An der See weht immer ein frischer Wind. Und angesichts der Größe des Gewässers relativiert sich einiges.

Für die Berlinerinnen und Berliner bleibt das Meer ein Sehnsuchtsort: Anders als in Barcelona sind hierzulande alle Küsten weit weg. Oder etwa nicht?

Carlos Borrell, ein Kartograf aus Friedrichshain, und Stephan Moskophidis, freier Autor aus Kreuzberg, haben Berlin kurzerhand ans Wasser verlegt. Zumindest auf dem Papier: Südlich von Schöneberg verläuft laut ihrem jetzt erschienenen fantastischen Stadtplan „Berlin am Meer“ der Strand. Die „Rote Insel“ liegt demnach schon mitten in der „Berliner Bucht“. Der ehemalige Flughafen Tempelhof dient als Zentraler Fährhafen. Von hier aus starten Schiffe Richtung Piräus, Mumbai und Southampton. Rixdorf wird zur alten Fischersiedlung mit Fischmarkt, Leuchtturm und Strand. Weiter östlich, an der Insel der Jugend, mündet die Spree ins Meer.

Eine herrliche Vision. Schon beim Anschauen des Stadtplans meint man das Salz auf der Zunge zu schmecken. Imaginäre Möwen kreischen.

Nur für die vielen Süd-Berlinerinnen und -Berliner tut es einem ein bisschen leid: Sie sind komplett abgesoffen. Tempelhof, Britz, Johannisthal, Schöneweide, Köpenick, all diese Stadtteile haben die Kartenmacher schlicht versenkt. Ein später Sieg für die Verteidiger des Flughafens Tegel: Auch der verflixte Großflughafen in Schönefeld ist laut Plan geflutet – und dient nicht mal mehr als Schiffsterminal. ALL

Foto: Carlos Borrell Verlag

■ Preis: 3,95 Euro; weitere Infos unter www.berlin-am-meer.eu