Humorlos siegt gut

Rot-Weiß Essen gewinnt 4:2 in Düsseldorf. Nur die Fortuna-Fans waren gut genug für ein Unentschieden

DÜSSELDORF taz ■ Wenn Fortuna Düsseldorf und Rot-Weiß Essen aufeinander treffen, wird keine Gelegenheit für kleine Gemeinheiten ausgelassen. Als Anspielung auf die schwierige soziale Lage einiger RWE-Fans entrollten Fortuna-Anhänger vor Spielbeginn in der Düsseldorfer Arena das Transparent: „Die Kohle weg, die Tasche leer, Hartz IV hilft Euch nicht mehr!“ Andere Heimzuschauer verzichteten auf holprige Reime und scherzten auf einer Banderole lieber über Gesichtsfarbe und politische Gesinnung eines Teils der RWE-Supporter: „Runter vom Asitoaster! Ihr seid braun genug!“ Der RWE-Block konnte darüber nicht lachen und sang erbost zurück: „Scheiß Fortuna, scheiß Fortuna, scheiß Fortuna Düsseldorf!“ Der humorlose Aufstiegskandidat aus dem Ruhrgebiet siegte vor knapp 19.000 Zuschauern – davon rund 6.000 Essener – mit 4:2 gegen schwache Düsseldorfer.

In Ermangelung lokaler Kontrahenten haben Düsseldorf und Essen in den letzten Jahren eine innige Fan-Feindschaft kultiviert. Weil die beiden Traditionsvereine schon lange nicht mehr in der Bundesliga gegen ihre angestammten regionalen Rivalen Schalke und Dortmund (wie im Fall Essen) oder Köln und Mönchengladbach (Düsseldorf) antreten dürfen, hat man sich wechselseitig auf den einzig ernsthaften Konkurrenten in der 3. Liga eingeschossen. Und so war das Duell am Freitag Abend nicht nur eine sportliche Begegnung in der Fußball Regionalliga Nord, sondern auch die lautstarke Auseinandersetzung um den Spitzenplatz in der Anfeuerungsliga. Während sich beide Fanlager hier ein Unentschieden abbrüllten, lag Essen auf dem Platz deutlich vorn.

Trotz starker Anfangsleistung und zwischenzeitlicher 2:0-Führung war die von Trainer Uwe Weidemann recht eigenwillig zusammengestellte Fortuna-Elf nicht fähig, im dritten Spiel der Saison den ersten Punktgewinn zu erzielen. Mit dem kreativen, aber schnell ermüdenden Alt-Profi Jörg Albertz als Führungsfigur an der Spitze hat Düsseldorf diese Saison keine wettbewerbsfähige Mannschaft.

Der Defensivabteilung um den unsicheren Ex-Oberhausener Frank Scharpenberg, der vor einer chaotischen Dreierkette spielen musste, mangelte es an Stabilität und Cleverness – zwei Elfmeter ließen die unbeholfenen Fortuna-Verteidiger zu. Im Mittelfeld fühlte sich das junge Kreativtalent Andreas Lambertz sichtlich unwohl neben Ex-Nationalspieler Albertz. In der Offensive wussten die Landeshauptstädter dennoch mitunter schick zu kombinieren – aber in der Angriffsspitze fehlte den Gastgebern ein Akteur mit Torjäger-Charisma. „Wir sind manchmal zu lieb und naiv“, gab Fortuna-Trainer Weidemann nach Spielende zu Protokoll. Nach Einsicht in die strukturellen Probleme seiner Elf hörte sich das nicht an.

Obwohl der Gegner zum Kreis der Abstiegskandidaten gezählt werden muss, feierte RWE das gedrehte Auswärtsspiel überschwänglich. Dabei waren alle vier Tore nach „Standardsituationen“ gefallen. Zweimal half die tumbe Fortuna-Abwehr per Penalty. Zweimal landeten soft getretene, aber relativ platzierte Freistöße des Ex-Bochumers Michael Bemben im Fortuna-Tor. Der beim VfL als schlichter Stimmungsmacher, nicht aber als Fußballer positiv aufgefallene Bemben konnte sein Glück nach Spielende kaum fassen. Der Kapitän stammelte der Lokalpresse einen denkwürdigen Satz in die Notizblöcke: „Power zeigen. Sieg, Sieg, Sieg.“ MARTIN TEIGELER